Das Alte Land: ein beliebtes Naherholungsziel, hier der Elbdeich mit drei Leuchttürmen (Foto: Wikipedia)
Ausflugsklassiker der Hamburger war seit fast 200 Jahren eine Schiffstour ins Alte Land zur Kirschblühtenzeit.

Obstbäume parallel zu entwässernden holländischen Wassergräben, dazu prächtige Bauernhäusern mit ihren typischen Prunkpforten waren ein ausgemachter ästhetischer Genuss. Reich ausgestattete Kirchen mit weltberühmten Arp-Schnittger-Orgeln, gepflegte Museen und historische Stadtbilder hatten und haben noch heute eine große Anziehungskraft.


Zahlreiche Ausflugsrestaurants verwöhnten die Gäste mit der beliebten Kehdinger Hochzeitssuppe, der Finkenwerder Scholle und zum guten Schluss dem berühmten Altländer Butterkuchen. Doch diese alten Gasthäuser sind fast alle verschwunden. Denn es gibt keine Fähre mehr, die die Gäste autofrei über die Elbe zu den gedeckten Tischen bringt und ganz nebenbei eine lustige kleine Seefahrt bietet.

Wie viele Stadtleute genossen regelmäßig diese Schiffstour und kehrten besonders zur Erntezeit von Weich- und Kernobst mit wohlgefüllten Bäuchen und Körben aufs Festland zurück.
Eine Fahrt ins Alten Land lohnt sich zwar auch heute noch. Doch ist der historische Zauber wegen des Autoverkehrs sowie moderner Restaurants mit Allerweltsspeisen und Großraumparkplatz verflogen.
Die Fremdenverkehrsvereine und touristischen Einrichtungen hatten zwar schon früher ein vitales Interesse, Gäste ins Alte Land zu holen. Leider hat die HADAG, Betreiber der Este-Fähre, diese Anregungen aus der Praxis nie aufgegriffen, obwohl sie ihr mehrfach angeboten wurde. Es hätte der Reederei kein Geld gekostet, sondern die Fahrgastzahlen erhöht.



Durchgangstraßen wurden erst im 19. Jahrhundert angelegt, sodass das Hauptverkehrsmittel der Altländer bis in die 1950er Jahre das Schiff war. Flüsse wie Este und Lühe waren seit der Bronzezeit die einzigen Verkehrsachsen zwischen Nord- und Mitteleuropa und bewältigtenden lokalen, vor allem aber den internationalen Handelsverkehr. Auf beiden Flüssen wurden z.B. die Erze zur Bronzeherstellung nach Norden transportiert, denn in Nordeuropa gibt es weder Zinn- noch Kupfervorkommen.
Beide Flüsse sind bis heute Bundeswasserstrassen. Der Bund ist mit anderen Worten für ihre Pflege und Instandhaltung verantwortlich. Also auch für deren Ausgbaggerung von Horneburg bzw. Buxtehude bis hin zur Fahrrinne im Elbe-Strom. Doch nichts tut sich mehr.
Die breite Süderelbe war vor Erweiterung von Airbus ein wichtiger Strom, der den Elbschlick fortspülte. Dann wurde sie abgsperrt, konnte ihren Spülpflichten nicht mehr nachkommen.
Heute wird der ausgebaggerte Hafen- und Elbeschlick schon westlich von Wedel verklappt.
Natürlich kommt viel von diesem Schlick mit der nächsten Flut zurück und füllt die beiden Fahrrinnen im Jahr um bis zu 3 Metern. Dann reichts nicht mal für eine Paddelbootdurchfahrt.
Aus Naturschutzgründen darf nur von November bis März gebaggert bzw. gesaugt werden, denn in der restlichen Zeit laichen die Fische bzw. wachsen auf. Der Bund sieht auch im Winter keine Notwendigkeit die Fahrrinnen für die Schifffahrt offen zu halten, da nach dem Konkurs der Stella-Sietas-Werft keine wirtschaftlichen Erfordernisse dafür mehr vorhanden seien.
Nun hatte die HADAG auf der Route Blankenese-Cranz bzw. Neuenfelde Schiffe mit einem Tiefgang von 1.90m eingesetzt. „Schiffe mit weniger Tiefgang haben wir nicht und für neue Schiffe ist kein Geld da!“ hieß es. Doch gleichzeitig übernahm die Reederei Anfang der 2020er Jahre drei neue Schiffe.
Die vielen noch bekannten Schiffe der alten Hamburg-Blankenese-Este-Linie hatten einen Tiefgang von 0,80 cm, konnten also auch bei niedrigeren Wasserständen fahren.
Über Jahrzehnte hatte die Linie ein Fahrgastvolumen von 130.000 Personen.

2013 hat sich die Zahl der Fahrgäste wegen der Nicht-Ausbaggerung auf 69.000 halbiert. Auf dem Fahrplan hieß es obendrein entschuldigend, dass die Fähre „tideabhängig“ fährt, was für“ jedermann verständlich“ ist?? Zu einer Internetinfo hatte es die Reederei 2013 noch nicht gebracht. Frau Dr. Schittek, in Cranz wohnende Frauenärztin, hat ihre Praxis in Blankenese und wollte als Grüne Abgeordnete aus Umweltschutzgründen mit der Fähre ans Nordufer. Sie wußte immerhin den Schiffsführer anzurufen, um sich nach der nächsten Abfahrt zu erkundigen, was dem einfachen Fahrgast nicht möglich war.
Mit der Coronapandemie stellte man die Linie praktisch ein.
Jetzt fährt sie wieder als Linie 65!
Angeblich!
Doch nicht etwa von Blankenese nach Neuenfelde, sondern von Blankenese nach Finkenwerder, vier Kilometer stromauf. Und das auch nur an Wochenenden und zu wenigen Abfahrzeiten.
Zum Ziel kommt man von Finkenwerder mit dem Bus nach Cranz. Ganz einfach und unkompliziert.
Ob das Ziel dann ein lohnendes Ziel ist weiß allein die HADAG.

7.2025: Maike und Ronald Holst
als im Alten Land (AL) aufgewachsener erlaube ich mir anzumerken, dass im AL vorzugsweise Altländer Hochzeitssuppe , gegessen wird. Diese ist wesentlich kräftiger im Geschmack gegenüber der Kehdinger Hochzeitssuppe. Die Hogendiekbrücke trägt einen plattdeutschen Namen: Hogendiekbrück. Von Blankenese aus kommt man Autofrei via S-Bahn/ evtl. mit Bus über Schulau ins AL. Fahrten nach Cranz, Stade, Buxtehude mit dem Fahrrad sind möglich. Dort fährt saisonal ein Radwanderbus bis Freiburg Niederelbe, ebenfalls ein Bus von Finkenwerder nach Buxtehude und retour. Zu Altländer Spezialitäten zählen, ebenfalls auch in modernen Restaurants Gerichte wie AL- Grünkohl, AL Hochzeitssuppe, AL-Bder utterkuchen (Beerdigungsbutterkuchen: 1/2 Pfund Butter pro Backblech, sagt man…). Auf beiden Flüssen, der Este und Lühe wurden ebenfalls Rinder, welche fettgefüttert aus Dänemark über den Viehtriebweg durch Schleswig-Holstein nach HH-Altona und weiter nach Niedersachsen getrieben. Hafen- und Elbschlick wurde und wird meines Wissens nach bei Helgoland verklappt. Der Elbfischer Lothar Buckow engagiert sich in Sachen Einhaltung der Baggerzeiten und setzt sich für das Reinhalten der Wasserqualität des Elbwassers und en Erhalt von Laichgebieten ein. Ein in dem Stader Hafen stationiertes Flachbodenschiff mit dem Namen MS „Tiedenkieker“ hat einen Tiefgang von 50 cm! Dieses würde die HADAG auch für einen Betrieb der Este – Blankenese-Verbindung (evtl. auch von und hin nach HH-Wilhelmsburg) einsetzen können. Das Kümo MS „Greundieck“, wird saisonal ebenfalls von Stade aus Touristenfahrten im Elbe und Nord-Ostsee-Bereich genutzt. Aber wegen der Elbvertiefungsmaßnahmen verschlicken ja die Nebenflüsse. Ein Fond dafür die Baggerarbeiten in den Nebenflüssen der Elbe, wie Este, Lühe, Schwinge usw. wurde bereitgestellt, Baggerarbeiten, wie bekannt, nicht ausgeführt. Auch bei weniger als normalem Niedrigwasser (bei Ostewind) fährt sich die MS Greundiek wie auch die Autofähren der Glückstadt – Wischhafen- Fähren leicht im Schlick fest. EinWiedereinführen einer Fährverbindung Blnkenese – Cranz würde es möglich sein mit Fahrräder einen Anschluß zum saisonal zwischen Buxtehude – Finkenwerder, bzw. nach Freiburg an der Niederelbe fahrenden Radwanderbus zu bekommen.
Und auch ein Spaziergang von der Cranz-Bushaltestelle auf dem Deich der Este entlang ist schön, jedoch nirgends ein WC oder einen Kiosk für Erfrischungen. Hofläden sind selten und nicht immer geöffnet. Also warum bietet man so etwas Touristen an?
Ein Altländer