Eine Einführung von Ulrich Zeiger, Architekt
Die Kirche ist 1895/96 im neugotischen Stil erbaut worden.
Architekt war Landesbauinspektor Ernst Ehrhardt, der davor (1888 – 1894) am Bau des Domturms St. Petri zu Schleswig mitwirkte und ab 1897 Dombaumeister in Bremen war.
Für den evangelischen Kirchenbau galt ab 1861 das Eisenacher Regulativ, welches den „Anschluss an einen geschichtlich entwickelten christlichen Baustyle…, vorzugsweise den sogenannten germanischen (gothischen) Style“ forderte.


Den II. Weltkrieg hat die Kirche unversehrt überstanden. Lediglich ein Teil der Fenster sind durch die Druckwelle eines benachbarten Bombeneinschlags beschädigt worden. Dass 1958 statt einer stilgerechten Renovierung eine völlige Neugestaltung des Kirchenraumes umgesetzt werden konnte, wird in der Festschrift zum 100jährigen Kirchenjubiläum dem Optimismus der Nachkriegszeit zugeschrieben. Ob man zerstörte Kirchen wiederherstellen oder erneuern sollte, war die Frage jener Zeit. In Blankenese war die Entscheidung für eine moderne Erneuerung nicht selbstverständlich. Die Auseinandersetzung ging quer durch den Kirchenvorstand und die Familien. Die Zahl derjenigen, die das Vertraute erhalten wollten war etwa so groß wie die derer, die das Neue bevorzugten.
Das Denkmalschutzgutachten hat sich im Jahre 2000 auf die Seite der Bewahrer gestellt und kritisch notiert: „Dem Usus der Nachkriegszeit folgend, ohne die Notwendigkeit, die sich aus einer Kriegszerstörung ergeben hätte, hat das Architekturbüro Sandtmann und Grundmann 1958 den Innenraum modernisiert, wobei die weitgehend erhaltene Ausstattung weichen musste.


Beginn der Veränderung:

Die Holzemporen in dem Querschiff wurden entfernt, eine den Kirchenraum zusammenfassende u-förmige Empore eingebaut, die Decke durch eine Flachtonne ersetzt. “ Außerdem wurden die Wandverkleidungen entfernt und die Innenseite der Gebäudehülle weiß angestrichen. „Trotz der eingreifenden Maßnahmen“, so das Resümee des Gutachtens, „konnte eine stimmige Lösung nicht erreicht werden.“


Grundmann war 1958 33 Jahre alt; erst zwei Jahre selbstständiger Architekt. Er wollte die Trennung von Klerus und Gemeinde überwinden – den Innenraum „demokratisieren“, so erklärte er , als 2010 der Kirchenraum erneut renoviert werden sollte. Grundmann sah sich als Schüler von Werner Kallmorgen. Bei Kallmorgen hatte er kurz zuvor am Wiederaufbau des Thalia-Theaters mitgewirkt. Elemente des Theaterbaus – der Rang – sind beim Umbau dieses Kirchenraumes verwendet worden.

Bei der neuerlichen Renovierung 2010 stellte sich erneut die Frage, ob der Eingriff von 1958 wieder zurückgenommen und die ursprüngliche Gestalt deutlicher herausgearbeitet werden sollte. Dem Usus dieser Zeit hätte es entsprochen. Die Kirchengemeinde und ihre Architekten haben es nicht gemacht.
Sie haben die Grundmann-Fassung für ein starkes Zeugnis der Nachkriegmoderne gehalten.



So gibt es nur kleine Korrekturen und Ergänzungen. In der Würdigung zum Preis für Denkmalpflege 2011 heißt es: „Mit dieser Renovierung ist ein denkmalpflegerisches Paradox zu würdigen. Ein Umbaukonzept, welches das ursprüngliche Denkmal zerstörte, wird nun seinerseits zum Denkmal.“

An einer Stelle, im Paradies, wie man Vorhallen in mittelalterlichen Kirchen nannte, wurde der Eingriff von 1958 jedoch zurückgenommen. Dieser Raum präsentiert sich in seiner ursprünglichen Gestalt von 1896.
Manche Kirchenbesucher finden das Paradies am schönsten…

Ulrich Zeiger

Das Büro Wacker||Zeiger Architekten hat die Renovierung durchgeführt und für seine Arbeit einen Preis für Denkmalpflege 2011 erhalten
Das Büro stellt sich auf seiner Internetseite so vor: In unserer Architekturauffassung fühlen wir uns der Moderne verpflichtet und überprüfen Stilströmngen der Gegenwart an dieser Basis. Eine Besinnung auf das Wesentliche – weniger ist mehr – ist bei jedem Entwurf erneut die Herausforderung. Nicht, was im Moment gefällt, ist automatisch gut – sondern was zeitlos 50 Jahre und deutlich länger stehen bleiben kann.“
Da die Kirche nun schon seit 1896 steht, war dieses Bauwerk in diesem Büro gut aufgehoben.
Verantwortlich bei dieser Renovierung: Angelika Wacker und Ulrich Zeiger


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