Der Tod gehört zum Leben. Und doch ist er für die Angehörigen eine ungeheuer große Herausforderung – emotional und organisatorisch. Wie hilfreich ist in einer solchen Ausnahmesituation ein Bestatter, der versteht, der sorgt, der sich kümmert – und zwar um alles.
Vera Klischan hat sich mit Nils Seemann und Sabrina Altenberend unterhalten.
Wie und warum sind Sie Bestatter geworden, lieber Herr Seemann?
Das war für mich nicht nur eine Frage der Familientradition. Für mich war und ist es eine Herzensangelegenheit. Ich will Menschen in schweren Zeiten helfen und sie begleiten, ihnen in einer schwierigen Situation Wege ebnen und aufzeigen. Ich will sie in ihrem Abschied begleiten.
Hat sich die Art und Weise, wie Menschen trauern, in den letzten Jahren verändert? Und die Art des Abschiedes?
In Bestattungsformen gibt es viele Veränderungen, ob es sich um eine Erdbestattung oder Feuerbestattung handelt. So verändern sich auch Grabstellen und der ganze Friedhof. Wir sind global unterwegs, Familien leben nicht mehr zusammen wie früher. Daher ändern sich Bestattungsformen. Aber Traditionen geben in solchen Situationen auch Halt und Sicherheit. Menschen trauern gleich. Da hat sich nichts verändert.
Es gab schon immer bunte Särge und bemalte Urnen. Die individuellen Wünsche umzusetzen ist Aufgabe des Bestatters. Ich wünsche mir klare Aussagen in den Anzeigen. Zum Beispiel „Keine Trauerkleidung“ ist zu unkonkret. Besser ist es die Kleidungswünsche genau zu benennen. Wir haben in Schenefeld ein Trauerzentrum. Dort kann man für einen ganzen Tag Abschied nehmen, individuelle Musik hören, die zum Verstorbenen passt. Die Menschen müssen sich getröstet fühlen. Wir hören uns die Wünsche an und schauen, was wir umsetzen können.

Gibt es auch Wünsche, die sie nicht umsetzen können oder wollen?
Es gilt bei allen Wünschen, den Verstorbenen zu schützen und seine Würde zu wahren. Wenn uns das nicht gegeben erscheint, versuchen wir die Angehörigen umzustimmen.
Spielt das Thema Nachhaltigkeit bei der Bestattung eine Rolle?
Ja, das ist ein großes Thema. Die Urnen sind nicht mehr aus Metall wie früher. Wir wählen unser Krematorium mit einem kurzen Weg und versuchen emissionsfrei zu kremieren. Die Särge sind aus heimischen Hölzern. Innen sind nur Holz und Leinen.
Wie gehen Sie mit kulturellen oder religiösen Unterschieden um? Gibt es das überhaupt hier im Stadtteil?
Ja natürlich. Wir sind ständig mit multikulturellen Bestattungen beschäftigt. Christliche Bestattungen werden eher weniger. Wir bieten hier bei Seemann auch Trauerbegleitung an. Selbst wenn man ausgetreten ist, ist eine christliche Bestattung möglich, da es oft sehr persönliche Gründe für den Austritt gibt. Die Kirche kann Trost spenden und Halt geben. Deshalb ist auch die Aussegnung so wichtig.
Gibt es Menschen, die zu Lebzeiten mit der Planung ihrer Bestattung zu Ihnen kommen?
Sehr viele! Persönliche Wünsche zu äußern und die eigene Bestattung finanziell absichern, beruhigt alle Beteiligten. Diese Vorsorge gibt es schon lange. Bestatter sind viel mehr in die Öffentlichkeit gerückt, Schwellenängste werden genommen.
Sie haben es in der Regel mit großer Trauer zu tun. Wie gehen Sie mit der emotionalen Belastung um?
Der Tod gehört zum Leben. Als Team und Kollegen und Kolleginnen arbeiten wir eng zusammen. Nur so ist uns dieser Beruf möglich. Wir helfen uns durch den persönlichen Kontakt. Jeder kann hier in der Gemeinschaft alles aussprechen. Wir sind nur Menschen. Mitgefühl ist wichtig, Mitleid zu haben, mitzuleiden wäre unprofessionell. Wenn ein Todesfall gemeldet wird, schauen wir, wer das machen kann. Jemand, der ganz allein ist, muss von uns getragen werden.
Was ist ganz wichtig im Umgang mit trauernden Angehörigen?
Ganz wichtig ist ihnen zu vermitteln, dass wir das Beste für den Verstorbenen tun. Wir kümmern uns um die Angehörigen. Was sind ihre Wünsche? Was wollen sie dem Verstorbenen noch mitgeben
Was regeln Sie alles für die Hinterbliebenen?
Alles! Beschaffung der Sterbeurkunde, Rentenanträge und anderes weit über die Bestattung hinaus. Wir beruhigen die Angehörigen und sagen, dass wir das Wichtigste erledigen. Wir vermitteln ihnen, dass sie Zeit haben sich um sich selbst und ihre Trauer zu kümmern. Wir erledigen die Bürokratie. Wir organisieren alles. Viel mehr als nur diese Beerdigung. Darum mache ich diesen Beruf.
Sind Sie Tag und Nacht erreichbar?
Ja!
Was ist das Schönste?
Die Menschen in ihrer Trauer wahrzunehmen, mit Menschen zu arbeiten. Eine Verbeugung vor den Verstorbenen zu machen und ihnen eine gesegnete Weiterreise zu wünschen!
Liebe Frau Altenberend, lieber Herr Seemann, herzlichen Dank für Ihre Zeit und den Einblick in eine Welt, die sich glücklicherweise immer mehr aus der Tabuzone ins Leben bewegt.
Die Firma Seemann & Söhne ist auch ein Ausbildungsbetrieb.
Ansprechpartner: Nils Seemann


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