Bild: Pixabay: Bianca van Dijk
Braucht Blankenese eigentlich fünf Fahrradgeschäfte? Brillen, Kaffee, Brot und Brötchen gibt es im Stadtteil auch in reichem Maße. Aber ein Fahrrad kauft man doch nicht jeden Tag.
Da liegt es doch nahe einmal nachzufragen. Ich besuche Frank und Nicole Robben, die den Seals Bike Store in der Bahnhofstraße betreiben. Wer nun einen eingeschränkten Blick auf die eigene Ware erwartet im Bewusstsein der starken Konkurrenz, wird enttäuscht. Denn Konkurrenz ist nicht! Zumindest nicht in den Augen der Robbens. Sie versichern glaubhaft, dass alle fünf Geschäfte eigene Schwerpunkte haben, sich nicht in die Verkaufsquere kommen, sondern – im Gegenteil – bei Wartung und Inspektion gelegentlich kooperieren. Es herrscht eine gute gegenseitige Akzeptanz, da es keine Doppelmarken gibt. Das heißt, jeder führt ein sehr individuelles Angebot.

Wenn man zu den sportlichen Fahrern und Fahrerinnen zählt, ist man bei Frank Robben richtig. Denn dort kann ich ein Gravel Bike bekommen. Damit kann ich über Schotterpisten fahren, off road sozusagen. Feld- und Waldwege sind genau richtig für das Gravel Bike, das sich dadurch deutlich vom Rennrad mit seinen sehr dünnen Reifen unterscheidet. Je mehr Geld ich in die Hand nehme, umso weniger Gewicht hat solch ein kostbares Rad. Ein Kaffeepäuschen macht man am besten mit dem kostbaren Stück im Blick. Ich erfahre, dass Gravel Bikes in kein Winterloch fallen, da man sie das ganze Jahr fährt. So ganz nebenbei lerne ich, dass Hamburg den größten Jedermann Triathlon der Welt veranstaltet. Der Welt!
Während der Pandemie stieg der Fahrradabsatz in schwindelnde Höhen. Monatelange Wartezeiten waren keine Seltenheit. Hat der Höhenflug angehalten? Bei Elektrorädern ist der Umsatz etwas eingebrochen. Wahrscheinlich sind die meisten jetzt gut versorgt mit ihrem elektronischen „Unterteil“. Anders sieht es bei den Sporträdern aus. Seit Jahren gibt es dort einen stetigen Zuwachs. Neben der steigenden Begeisterung für das Fahrrad als Sportgerät trägt auch die neu ins Leben gerufene Tour de France der Frauen bei. Der steigende Anteil der Frauen auf Sporträdern ist auch einer bewussten Gesundheitsvorsorge geschuldet, die nebenbei auch noch Spaß macht.
Das Fahrrad als Businessrad erfährt eine große Bedeutung. Nicht selten sieht man Herren und Damen in seriöser Geschäftskleidung auf ihrem Rad Richtung Innenstadt flitzen. Befeuert wird dieser Trend durch Leasing, was viele Firmen für ihre Angestellten in Anspruch nehmen, um ihnen ein Fahrrad zur Verfügung zu stellen. Welches Fahrrad verkauft sich denn nun am besten, ist sozusagen der „Renner“? Die erstaunliche Antwort lautet „Keins“, denn der Fokus liegt auf der individuellen Anpassung. Die Interessenten kommen in der Regel mit einem hohen Beratungsbedarf in die Geschäfte. Dort wird je nach körperlichen Voraussetzungen, Alter und Anwendungswunsch das geeignete Rad für sie ausgesucht und angepasst.


Damit ist auch gleich die Frage nach online Bestellungen beantwortet, denn diese qualifizierte Beratung gibt es nur im stationären Einzelhandel. Und ein Fehlkauf bei einem teuren Markenrad ist schmerzhaft, enttäuschend – und vermeidbar.
Die entscheidende Frage, die sich bei all den verlockenden Fahrrädern für nahezu jede Altersklasse aufdrängt ist die nach der Bedeutung des Autos als Statussymbol und als bequemstes Fortbewegungsmittel.? Verliert der Deutschen „liebstes Kind“ etwa gerade den Platz im Olymp aller Fahrzeuge? Frank und Nicole Robben sehen das nur bei Businessrädern. Wenn jemand täglich seinen Arbeitsweg mit dem Fahrrad zurücklegt, wird für einige das Auto verzichtbar. Bei den Sporträdern sieht es anders aus. Sie bereichern die Freizeit, sorgen für gesunde Bewegung, aber ersetzen das Auto in der Regel nicht.


Welch ein Luxus für Blankenese zwischen fünf qualifizierten Geschäften je nach persönlichem Bedarf wählen zu können. Bei eBike Company auf der Blankeneser Hauptstraße bin ich gut beraten, wenn ich ein hochwertiges Elektrofahrrad anstrebe ebenso wie bei e-motion auf der Bahnhofstraße. Im „Specialized Store“ auf der Dockenhudener Straße gibt es ausschließlich die Radmarke „Specialized“ zu erwerben. Es handelt sich um einen sogenannten Mono-Store. Auch auf der Dockenhudener Straße findet sich noch cult.bike, die das in Blankenese – zumindest bei jungen Familien – beliebte Lastenrad anbieten.
Last but keinesfalls least gibt es noch die alt eingesessene Werkstatt Rothe an der Dormienstraße. Dort werden nicht nur sämtliche Fahrräder schnell und kompetent wieder flott gemacht, auch das nostalgische Hollandrad der Firma Gazelle kann ich dort erwerben, wenn der alte Drahtesel seinen Geist endgültig aufgibt.
Ja, Blankenese kann sich glücklich schätzen, fünf Fachgeschäfte zu haben mit einem sehr differenzierten Angebot. Ist es nicht erstaunlich, dass trotzdem noch so viele Autos den „schönsten Stadtteil der Welt“ verstopfen…?
Auch wenn für viele ab jetzt das Fahrrad öfter im Keller bleibt, so steht doch irgendwann ganz unweigerlich Weihnachten vor der Tür und vielleicht ein Rad unterm Baum.
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