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Jahrtausende Nord-Süd-Sperre: Das Urstromtal der Elbe

Jahrtausende Nord-Süd-Sperre: Das Urstromtal der Elbe

Es dauerte schon immer etwas länger die Elbe zu überqueren. Heute, weil der Elbtunnel mal wieder gesperrt ist und auch die Elbbrücken „Stau“ melden.

Vor unserer Zeit war es bei Wedel/ Blankenese (Horneburg/Buxtehude) ebenfalls zeitaufwendig über die Elbe zu kommen. Das lag (in früheren Jahrtausenden bzw. Jahrhunderten) an der Jahreszeit, dem Wetter, der Tide, der Tageszeit, der Greifbarkeit eines Schiffs und seiner Besatzung, dem Eifer der Schiffer etc. Was bedeutete, dass ein Reisender oft Tage oder in manchen Fällen sogar Wochen darauf  warten musste, über den Fluss gesetzt zu werden. In dieser Notlage boten Schifferfamilien den Reisenden Quartier und Essbares an und  verdienten sich damit ein Zubrot. Und das je länger, je lieber. Das hieß, dass die Schiffer sich nicht gerade beeilten, die Reisenden über das Urstromtal zu bringen.

Wenn man seinen Atlas zur Hand nimmt, kann man erkennen, dass ein einziger natürlicher Landweg von Jütland direkt nach Wedel führt. Umgekehrt setzt er sich von Jütland über die dänischen Inseln nach Schweden und Norwegen bis in den heutigen Großraum Oslo fort. Das war und ist DIE Verbindung zwischen Nord- und Mitteleuropa. Ausgangs- bzw Landepunkte der Schiffsverbindung von Wedel/Blankenese waren die Hügel, die Moränen am Nord- und die am Südufer. Denn die Marsch am südlichen Ufer war bis ins 19. Jahrhundert weder per Wagen noch zu Fuss passierbar, sondern nur per Schiff zu überwinden. Sie wurde zwar im 12. Jahrhundert eingedeicht. Doch danach fehlten Straßen, sie in Nord-Süd-Richtung zu queren. 

Napoleonische Truppen hatten zwar schon kurz nach 1800 eine hölzerne Brücke auf der Veddel über die Norderelbe gebaut, aber ihr  war nur ein kurzes Leben beschieden. Außerdem bestanden die vielen Inseln, die zwischen Norder- und Süderelbe liegen, aus  Sumpfland, einem schwierigen Untergrund für eine Landstrasse.

Verfolgen wir die Möglichkeiten die Elbe im Laufe der Zeit zu queren. 

Zunächst war es wichtig zu wissen

  • welche Tide man hatte, denn man fuhr grundsätzlich erst mit dem nach der Ebbe einsetztenden Stauwasser los. Dann hatte man ca. 6,5 Stunden Zeit, die Este bzw Lühe mit der einsetzenden Flutwelle die etwa 13 km nach Buxtehude oder Horneburg zurückzulegen.Das  schaffte man sowohl mit einem Einbaum wie mit einem Floss. Sofern man sich anstrengte. Gefahren wurde NICHT bei Dunkelheit. Also musste die Fahrt rechtzeitig begonnen werden, damit man noch bei Tageslicht ankam.
  • Neben Personen gab es schon immer Waren, die über die Elbe gebracht werden mussten. Denken wir z.B. an Zinn und Kupfer, die Bestandteile der Bronze, die es nicht in Nordeuropa, sondern erst im Südschwarzwald und Südbayern gab. Sie mussten dort erworben und über die Elbe geschafft werden.
  • Seit dem Altertum gab und gibt es zwischen der Elbmündung und Lauenburg nur die Zwillingsfähren Blankenese/Buxtehude und Wedel/Horneburg, wobbei die Erstgenannte vor ca. 10 Jahren sanft entschlafen ist. 
  • Die Fähren Zollenspieker – Hoopte und Wischhafen – Glückstadt sind erst in der Neuzeit entstanden.
  • Erste feste Querung waren die Elbbrücken (mit späterer Freihafenbrücke), die 1872 samt Süderelbbrücke und Chaussee nach Harburg entstanden.
  • 1875 baute man die eingleisige Eisenbahnbrücke bei Lauenburg, die zeitversetzt auch einen Straßenteil erhielt. Sie wurde 1945 von deutschen Truppen gesprengt, 1950 wieder aufgebaut.
  • Der 1911 gebaute Alte Elbtunnel (Von den Landungsbrücken nach Steinwerder) diente nicht dem Fernverkehr, sondern war nur für die Hafenwirtschaft und die Werft Blohm & Voss von Nutzen! 
  • Genau 100 Jahre nach Fertigstellung der Elbbrücken folgte die Eröffnung des Autobahn-Elbtunnels in Othmarschen im Jahr 1972.
  • Heute sind die östliche wie die westliche Autobahnumgehung und die Elbbrücken immer wieder so überlastet, dass schon lange an eine weiter westlich geführte Autobahnumgehung (A20) mit Brücke bei Glückstadt gedacht ist.   

In der Zeit des Kalten Krieges, also nach dem 2. Weltkrieg, hatte man Angst, der Warschauer Pakt könnte einen Anschlag auf die Elbbrücken vornehmen. Dann wäre Nordeuropa vom restlichen Kontinent abgeschnitten. Eine dramatische Situation, denn bis dahin liefen alle Straßen und Bahngleise über die Elbbrücken.

Diese Situation wäre nicht nur ein Krisenfall gewesen, sondern er passiert auch heute noch – ohne Warschauer Pakt.
Z.B. bei einem Ausflug ins Wendland melden Navi oder Verkehrsfunk ein erhöhtes Verkehrsaufkommen mit Stau vor und im Elbtunnel. Wenn man dann auch noch erfährt, dass die schmale Straßenbrücke bei Lauenburg wegen Bauarbeiten nur halbseitig befahrbar und deshalb mit längeren Wartezeiten zu rechnen ist, möchte man am liebsten gleich wieder umkehren.

Also fast alles wie beim bronzezeitlich Alten?
Es fehlt nur noch die Herberge und etwas Essbares vor Brücken und Tunnel, dann hätten wir Zustände wie vor 4.000 Jahren.

Maike und Ronald Holst

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