Sie reist in Kürze nach Afrika, nicht etwa um dort Urlaub zu machen.
Die pensionierte frühere Schulleiterin der Gorch-Fock-Schule engagiert sich ehrenamtlich mit ihrer Expertise in der Beratung der Schulleitung in der Stadt Polokwane in der Republik Südafrika.
Wie es zu dem „Auftrag“ kam und was sie vor Ort erwartet, berichtet Vera Klischan im Podcast im Gespräch mit Moderator Peter Franz.
Während Ihrer Reise vom 13.- 31. Oktober 2025 meldet sich Vera Klischan mit aktuellen Erlebnissen
in einem Tagebuch-Blog auf Blankenese.de


Der Blog von Vera Klischan
14. und 15.10.2025
Müde, müde, müde… ich sitze in Johannesburg am Flughafen nach einer durchwachten Nacht im Flugzeug. Erst in fünf Stunden geht mein Weiterflug nach Polokwane, wo meine Aufgabe beginnt. Schulberatung in der Paxana Primary School im Auftrag des Senior Expert Service. Warum mache ich das eigentlich? Viele haben mich gefragt: „Warum machst du das eigentlich?“ Den Subtext „in deinem Alter“ höre ich deutlich heraus. Berechtigte Frage!
24 Stunden dauert die Reise in ein „blind date“ mit einer Schule, die ich nicht kenne. Strom? Wasser? Alles Glücksache! Das haben mich meine Reisen nach Uganda und Malawi gelehrt. Also – warum? Vielleicht, weil die weite Landschaft mit der roten Erde mich immer wieder bezaubert, weil es herrlich ist, im „Village“ und im Busch so nah an der Natur zu sein. Bananenstauden, Mangobäume, die überschießende Fülle an Obst, das wir teuer kaufen müssen, vielleicht auch, weil die ländliche Umgebung zur Ruhe zwingt, kein Fernseher, kein Auto, nicht mal ein Fahrrad. Man muss sich schon beschäftigen können.

Ganz bestimmt aber wegen der Menschen, die sich jedes Mal so sehr freuen, wenn wir aus „German“ kommen, wegen der Kinder, die mit fast nichts fröhlich spielen, aufeinander schauen
und die weiße Frau bestaunen.
Das lässt mich die Momente vergessen, in denen mich die Unpünktlichkeit auf die Palme bringt, Verabredungen nicht eingehalten werden oder wenn ich – wie gerade eben – eine halbe Stunde auf ein Croissant warten muss.
Aber das Flugzeug bringt mich in nur 35 Minuten nach Polokwane, wo die Schulleiterin und ein Ordensbruder auf mich warten. Die Schule wird von der Kongregation der „Brothers of Charity“ getragen. Die Herren haben ganz offensichtlich viel zu sagen.



15.10.2025
Ich bin in Südafrika! Das wird mir spätestens nach dem Schulrundgang mit der sehr resoluten Schulleiterin klar. Diese Schule hat sehr wenig mit den Schulen in Uganda und Malawi, die ich besucht habe, zu tun. Die Schulgebäude sind modern und kindgerecht möbliert. Die Schuluniformen tipptop. In jeder Klasse hängt ein Smartboard. Der passende Laptop ist in fast jeder Lehrerhand. Die Schulleiterin residiert in einem eigenen Verwaltungstrakt mit ihrem vierköpfigen Schulleitungsteam mit einem sehr aufgeräumten Büro. Computer, Klimaanlage – alles vorhanden.
Ich staune nicht schlecht, denn es ist eine öffentliche Schule. Die Schulleiterin, „Principal Semenya“, erklärt mir in kurzen Worten, dass sie die Eltern zur Kasse bittet, wenn etwas fehlt. Das kann ich mir sehr gut vorstellen.
Beim Gang durch die Klassen wird mir die Durchsetzungskraft dieser beherzten Dame sehr deutlich. Fehlende Landkarte an der Wand, unsauberer Fußboden, ungünstige Sitzordnung – mit Adlerblick erfasst sie blitzschnell die Klassensituation und scheut sich nicht, die entsprechende Lehrkraft mit deutlicher Verbalkraft zu konfrontieren. Auch vor den Kindern macht sie nicht Halt. Der falsche Haarschnitt – zu modisch oder zu lang – wird sofort vor der Klasse moniert und sehr deutlich eine Korrektur gefordert.
Um 12 Uhr schnellen die Schüler und Schülerinnen von ihrem Sitzen hoch. Das Angelusläuten hat sie geradezu elektrisiert und sie beten fast automatisiert gemeinsam drei „Gegrüßet seist Du, Maria“.
Wenn jemand eine gute Antwort gibt, geht ein ähnlicher Mechanismus los. Rhythmisches Klatschen und aus allen Kehlen der Ruf „You are awesome“. Der so gelobte freut sich sichtlich über diese kollektive Huldigung. Das mag man kritisieren. Das verstehe ich. Trotzdem hatte ich heute das Gefühl, dass die klaren Worte der Schulleiterin eine ebenso klare Orientierung geben, einen festen Rahmen, in dem Kinder und Lehrer sich sicher bewegen können. Ich konnte das sehr forsche Handeln der Schulleiterin in ein großes Engagement für ihre Schule und für jedes einzelne Kind einordnen. Auch das prompte Lob der gesamten Klasse zauberte den Betreffenden rote Wangen vor Stolz ins Gesicht. So musste ich meine Haltung ein wenig nachdenklich in Frage stellen.
Am Nachmittag habe ich einen Gang gemacht in Begleitung einer 26-jährigen Nonne. Ich musste mich bewegen nach der langen Reise. Allein durfte ich nicht losgehen. So wurde die junge Frau verdonnert, mich zu begleiten. Die Arme war nach dem sehr moderaten Gang vollkommen erledigt. Ein Spaziergang scheint in dieser Gegend eine geradezu verdächtig ausgefallene Beschäftigung zu sein. Eine Gefahr habe ich übrigens nicht wahrgenommen.
Morgen ist Gottesdienst. Dafür wurde schon den ganzen Nachmittag geprobt.
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