Abschied vom Hospiz – Annette Hecker geht in den Ruhestand

Seit 2006 leitet Annette Hecker den Ausbildungsgang zur Sterbebegleitung in Blankenese. Sie hat damit nicht nur dem Blankeneser Hospiz unendlich viel Ehrenamtliche beschert, sondern auch das Thema „Sterben und Tod“ mehr in den Mittelpunkt gerückt. Mit der Ausbildung werden Menschen befähigt, Sterbenden auf ihrem letzten Weg empathisch und einfühlsam zur Seite zu stehen. Vera Klischan hat sich mit Annette Hecker unterhalten.

Liebe Frau Hecker, Sie haben jahrelang die Ausbildung zur Sterbebegleitung im Blankeneser Hospizverein geleitet. Was muss man als Ausbilderin für ein solch immer noch tabuisiertes Thema mitbringen?

Wie bei vielen Menschen war der Auslöser ein persönlicher Verlust. Im Jahr 2000 ist meine Lebensgefährtin mit 48 Jahren an Krebs gestorben. Ich habe zu der Zeit in der Erwachsenenbildung gearbeitet.

Als ich die Trauerfeier für meine Partnerin ausgerichtet habe, kam mir die Idee der Selbständigkeit in diesem Bereich. Ich bin Psychologin und machte Supervision für ehrenamtliche Hospizbegleiterinnen und Hospizbegleiter im Helenenstift. Eine Teilnehmerin war Clarita Loeck. Sie beabsichtigte selbst ein Hospiz gründen. Das war 2004. Ein Jahr später – 2005 – bekam ich einen Anruf von Clarita Loeck, die einen Verein gegründet hatte und mich bat, die Ausbildung zur Sterbebegleitung zu übernehmen. Ich habe sofort zugesagt und das war der Anfang. Ich habe immer im Bildungsbereich gearbeitet. Beratung und Bildung sind die Bereiche, die mich sehr interessieren!
Clarita Loeck fing zunächst mit einem ambulantem Hospizdienst an. 2017 war dann die Eröffnung des stationären Emmaus Hospiz in der Godeffroystraße.

Seit wann führen Sie diese Ausbildung durch?

Seit 2006 bis Juni 2024 mit 18 Gruppen insgesamt.

Haben Sie den Eindruck, dass das Thema „Sterben und Tod“ gesellschaftlich mehr Aufmerksamkeit bekommt, dass sich mehr Menschen damit auseinandersetzen?

Ich sehe bei dem Thema eine positive Entwicklung. Ich erlebe aber auch viele, die noch nicht wissen, was ein Hospiz ist. In den Ausbildungsgängen habe ich das Bedürfnis gespürt, sich mit dem Thema zu beschäftigen. Schließlich ist die Hospizbewegung eine der größten sozialen Bewegungen in Deutschland.

Welche Menschen sind es, die sich zum Sterbebegleiter*in ausbilden lassen?

Das ist ein sehr großes Spektrum, auch altersmäßig breit gestreut. Es sind vor allem Frauen, die teilnehmen. Früher waren es vor allem Ältere, die bereits in Rente waren oder nie berufstätig waren. Zuletzt waren es viele Jüngere, die voll im Beruf stehen. Es ist auffällig, dass es Teilnehmerinnen gibt, die mehrere Ehrenämter haben. 

Gibt es bestimmte Kernthemen der Ausbildung?

Ein sehr wichtiges Thema ist der Umgang mit Dingen, die die sterbenden Menschen noch erzählen wollen, insbesondere der Umgang mit schwierigen Themen. Wie geht man damit um, wenn einem als Begleiter oder Begleiterin etwas Schweres mitgeteilt wird? Nicht sofort „beschwichtigen“  , sondern aushalten und den Informationen und Gefühlen, die mitgeteilt wurden, Raum geben. Oft helfen Gespräche mit Angehörigen. 

Was ist am wichtigsten, wenn man einen Menschen in der letzten Lebensphase begleitet?

Ihn zu respektieren, so wie er ist. Man darf kein Programm abspielen. Am besten ist es, den Menschen fühlen zu lassen, dass man für ihn da ist und ihm Angebote macht. Man muss lernen sich zurückzunehmen.  
Viele Menschen, die nicht religiös waren, sind in der letzten Phase sehr ansprechbar für religiöse Themen. Deswegen gibt es in unserem christlichen Hospiz jede Woche eine Andacht und Seelsorge. 

Was macht eine Sterbebegleiterin, wenn die Ausbildung abgeschlossen ist?

Man kann ambulant sterbende Menschen begleiten, entweder im Seniorenheim oder in der Familie. Natürlich auch im Emmaus Hospiz als Ehrenamtliche. Dann hat man vormittags oder nachmittags zwei oder drei Stunden Dienst.
Das Hospiz bietet Platz für zehn Gäste. Es gibt ein breites Spektrum, was man tun kann. Besorgungen für die Gäste, Begleitung auf einem Spaziergang mit oder ohne Rollstuhl und selbstverständlich das Führen von Gesprächen auch mit Angehörigen. 

Was werden Sie mit Ihrem Ruhestand anfangen?

Noch bin ich Teilzeitrentnerin bis Ende des Jahres arbeite ich noch weiter in einem Meditationszentrum. Die Freiheit fängt im Januar 2025 an. Ich werde drei Monate nach Nordindien – nach Ladakh – in ein Meditationszentrum gehen und von dort auch reisen. Ich werde dabei meine Patentochter, die ich finanziell unterstütze, besuchen.  Ich habe noch Familie und Freunde in München und werde auch dort eine Zeit verbringen. Ich werde eine Nomadin sein. Das wird mein Sabbatjahr.

Gibt es eine Nachfolge für Sie?

Annika Schlichting und Diana Bahr sind meine Nachfolgerinnen in der Ausbildung! Im Januar 2025 beginnt der nächste Kurs.

Liebe Frau Hecker, ich danke Ihnen herzlich für Ihre Zeit, aber auch für Ihr großes Engagement in der Sterbebegleitung, die es vielen Menschen ermöglicht, ihr Leben würdevoll und geborgen abzuschließen. Für Ihren Ruhestand, der sich nicht als solcher anhört, wünsche ich Ihnen alles Gute.

Vera Klischan

Wer sich für eine Teilnahme interessiert, kann sich telefonisch an Frau Loeck wenden (040-86 49 29)

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