Design für alle – „Attraktiven Mehrwert für alle schaffen“

Es klingt einleuchtend und einfach: Produkte, Architektur und Dienstleistungen sollten so nutzerfreundlich gestaltet sein, dass damit besonders viele Menschen zurechtkommen – unabhängig von ihrem Alter und ihrer Lebenssituation. Also mit dem Kinderwagen genauso wie mit dem Rollstuhl. Doch auch 2025 ist das mehr Wunsch als Realität. Einer, der sich für dieses Thema seit Jahren stark macht, ist Mathias Knigge. Mit grauwert – Büro für Inklusion und demografiefeste Lösungen in Hamburg berät er Unternehmen, unterstützt bei Produktentwicklungen und vermittelt sein Wissen in Vorträgen, Publikationen und Trainings. Wir haben mit ihm über ein „Design für Alle“ gesprochen:
Mathias, du bist Ingenieur und Designer. Wie kam es, dass du dich auf das Thema „Design für Alle“ fokussiert hast?
M. K.: „Meine beiden Studiengänge waren Partner eines Forschungsprojektes, das Lösungsansätze im demografischen Wandel entwickelte und ich habe sechs Jahre lang geforscht. Ausgangspunkt waren defizitorientierte Spezialprodukte wie Seniorenhandy und Hilfsmittel. Wir haben damals gezeigt, dass es besser geht.
Mit Projektende habe ich mich selbstständig gemacht und das Thema weiterverfolgt. Weg von Speziallösungen, hin zur Vielfalt – und attraktivem Mehrwert für alle. Über Generationen hinweg. Dann kommt man schnell zum „Design für Alle“. Menschen möchten nicht auf eine Behinderung oder Alterungserscheinung reduziert werden, sie möchten ja weiterhin schöne Gebäude, Produkte und Dienstleistungen nutzen, die auch gut aussehen.
Wie erlebst du in deinem Berufsalltag, wie z.B. mit dem Thema Barrierefreiheit umgegangen wird?
M.K.: „Ob Design, Architektur oder Dienstleistungen, so viel verändert sich leider nicht, oder eben nicht schnell genug. Das mahnen Menschen mit Behinderung zu Recht an. Bei den jüngeren Generationen herrscht zumindest eine große Offenheit, das Thema Diversität denken und umsetzen zu wollen. Aber an den Unis und in den Unternehmen, Verwaltungen – überall wird das Thema viel zu marginal behandelt. In der Ausbildung sollte es selbstverständlich sein, die Grundlagen von barrierefreier Planung zu vermitteln. Wir brauchen ein anderes Grundverständnis, müssen weg von der netten Option oder dem Nachbessern hin zum Standard.
Was müsste sich deiner Meinung nach ändern?
M.K.: „Unser aller Bewusstsein. Denn nur drei Prozent aller Menschen sind von Geburt an eingeschränkt, 97 Prozent der acht Millionen Menschen, die offiziell mit Behinderung gemeldet sind, werden es durch Unfall, Krankheit oder Alter. Und das kann uns alle treffen! Was wir brauchen, ist daher ein anderes Problembewusstsein, egal ob Grafiker oder Bauträger: Denn, ob eine Website oder ein Flyer auch für Menschen mit Beeinträchtigung gut lesbar und ein Gebäude für alle einfach nutzbar und zugänglich ist, lässt sich in der Planung beeinflussen. Umso früher daran gedacht wird, umso geringer der Aufwand. Das erleben wir immer wieder, wenn wir von Anfang an in Projekt eingebunden werden.
Mein Ziel ist es, immer die wunderbare Chance zu sehen, wenn etwas neugestaltet wird. Also Inklusion und Barrierefreiheit mit einzuplanen – und nicht on top oder im Nachgang. Denn Barrierefreiheit hat ganz viel mit Abläufen zu tun, nicht nur mit Architektur. Und übrigens ist auch Denkmalschutz kein Ausschlusskriterium – denn das höre ich immer wieder.
Danke für das Gespräch, Mathias!
grauwert – Büro für Inklusion und demografiefeste Lösungen
Dipl.-Des. Dipl. Ing. Mathias Knigge, Eulenstr. 91, 22763 Hamburg, 040 79 69 37 57
m.knigge@grauwert.info
Als Vorsitzender des Kompetenznetzwerks EDAD (Design für Alle – Deutschland e.V.) etabliert und verbreitet Mathias Knigge das Thema auf nationaler und internationaler Ebene.
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Von Mathias Knigge stammt auch das inklusive Angebot:
Bei Anruf Kultur für alle