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Kinder, wie die Zeit vergeht!

Kinder, wie die Zeit vergeht!

Blankenese hat heute genau so viele Einwohner wie 1918, nach Zusammenlegung der Gemeinden Blankenese und Dockenhuden,  nämlich ca. 13.000.
Also alles beim Alten geblieben?

Mitnichten, denn in den letzten hundert Jahren wurde in Blankenese viel gebaut. Dadurch stieg die Wohnfläche  pro Person ganz erheblich an.
Vor dem 1. Weltkrieg gab es im Op´n Kamp das Gemüsegeschäft Graap, dass als erstes in Blankenese Tomaten anbot!! Ein besonders exotischer Sortimentsteil! Ansonsten wurden dort Kartoffeln und  ein paar Kohl- und Rübensorten, Erbsen, Bohnen, Äpfel und Birnen verkauft. Weintrauben, Südfrüchte, Spargel, Erdbeeren, Pfirsiche usw. gehörten nicht  zum Sortiment. Da die Einnahmen aus dem Gemüsehandel gering waren, boten Graaps in ihrer Wohnstube einen täglichen Mittagstisch für  Bedienstete der Umgebung an.  
Weiter stand im Flur des in den 1820erJahre erbauten Haues eine  Kaltmangel, in der Hausfrauen ihre Wäsche glatt pressen lassen konnten. Und im Dachgeschhoss schlief nicht nur die fünfköpfige Hausbesitzer-Familie sowie das Dienstmädchen, sondern eine der drei Kammern wurde obendrein an einen „möblierten Herrn“ vermietet. Doch statt eines WC gab es im Garten weiterhin ein Plumpsklo. So kamen die Graaps finanziell mit Mühe und Not über die Runden. 

Die in diesem Jahr (2025) verstorbene Lore Hülsen (99 Jahre) heiratete 1950 in das Haus ein. Da lebten hier – neben dem frisch getrauten Paar –  ihre Schwiegereltern sowie der Schwager und eine ausgebombte Familie. Obendrein stellten sich bei Lore und ihrem Ehemann Hans-Peter mit der Zeit drei Kinder ein. Deshalb musste das Haus nach und nach aus- und angebaut werden.
Als die drei Hülsenkinder aus dem Haus waren, konzipierte der begeisterte Segler Hans-Peter Hülsen, Schiffbau- und Elektroingenieur, den Mühlenberger Yachthafen und begleitete dessen Realisierung (alles ehrenamtlich!).

Huelsen

Seine Frau Lore, studierte Kostümbildnerin, übernahm die Tanzsportabteilung des BMTV und rief 1983 die Blankeneser Trachtengruppe ins Leben, die sie Jahrzehnte führte. 

Unter größten Schwierigkeiten beschaffte sie Trachten-Stoffe und Zubehör aus ganz Europa. 

Dann nähte sie mit den Trachtendamen die Kostüme.

Später übten sie folkloristische Tänze ein, um die Trachten im Rhythmus der Musik präsentieren zu können.

Als die Kostüme  geschneidert, die Tänze einstudiert waren, nahm die Gruppe an vielen öffentlichen Veranstaltungen teil. 
Höhepunkt war die Teilnahme an der Steuben-Parade in New York. 


Ein weiteres Ehrenamt war der Besuchsdienst der evangelisch-lutherischen Kirche Blankeneses, für den Lore 26 Jahre  arbeitete. Bis zu zehn monatliche Hausbesuche bei Gemeindegliedern über 75 Jahren gehörten zu ihren Pflichten. 

1999 ging sie unter die Filmemacher und drehte drei Streifen über Blankenese, die man käuflich erwerben konnte.

2003 realisierte sie eine weitere, ihr am Herzen liegende Idee: Sie rief einen „Niederdeutschen Preis“ ins Leben. 

Die Preisträger ihres Erzähl-Wettbewerbs erhielten von ihr gestiftete Geldpreise. 
Lore blieb zeitlebens überzeugte Blankeneserin. In diesem Sinn schrieb sie auch ihr kleines Gedicht über das Häuschen, in dem vor mehr als 100 Jahren Grünhöker Graap und noch viele andere zu Hause waren:

Wenn man die Veränderungen der letzten 125 Jahre vor seinem geistigen Auge ablaufen läßt, kann man wirklich sagen:
Kinder, wie die Zeit vergeht.
Oder besser: Wieviele Veränderungen hat es gegeben, die wir heute als selbstverständlich ansehen – doch vielfach waren es Bürgerinnen und Bürger wie die Hülsens,  die für unser Blankenese Goßartiges in die Wege leiteten, um unseren Heimatort noch schöner, besser und lebenswerter  werden zu lassen. 

Maike & Ronald Holst  (August 2025)

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