Katharina Hagena liest im Gemeindehaus

Ein Interview mit der Blankeneser Autorin Katharina Hagena

Katharina Hagena, Schriftstellerin ©Henrik Spohler

Liebe Katharina Hagena, Ende August haben Sie aus Ihrem bereits im März erschienenen Buch „Mein Spiekeroog“ vor Publikum lesen dürfen. Sicher ein besonderes Erlebnis?

Ja, unbedingt. Erst schreibt man so lange für sich allein an einem Text, und wenn er endlich fertig ist, will man auch raus damit. Es ist wie Einatmen und Ausatmen. Durch Corona hatten wir ja alle das Gefühl, die Luft anhalten zu müssen. Die Lesungen jetzt empfinde ich als Befreiung: endlich ausatmen. (Was übrigens auch die Voraussetzung ist, sich einatmend wieder an eine neue Arbeit, ein neues Buch zu machen.) Und vor allem: Bei diesem Buch werden die meisten der Lesungen vom Jazz-Duo Meer & Rausch begleitet. Die leise, aber eindringliche Kombination aus Karin Kloses Stimme und Nis Köttings Klavierspiel erzeugt eine ganz besondere Atmosphäre. Und wir haben weniger das Gefühl von Begleitung als vielmehr von Kommunikation, einem Dreiergespräch. 

Foto © Katja Sievers

In den vergangenen Jahren haben Sie wunderbare Romane geschrieben. In „Mein Spiekeroog“ schildern Sie in berührender und auch amüsanter Weise von den Ferien auf Ihrer Lieblingsinsel. Wie kam es zu diesem Buch?

Es war ein Auftrag vom mare-Verlag und zwar ein heiß ersehnter. Ich war während meiner ganzen Kindheit und auch während der Kindheit meiner Kinder jedes Jahr auf Spiekeroog. Die mare-Reihe „Meine Insel“, bei der deutsche Schriftstelleri*innen gefragt werden, die Insel ihres Herzens zu besingen, gibt es schon recht lange. Es sind Reisebücher, Erinnerungsbücher, persönlich, literarisch, aber eher nicht fiktional. Schon seit vielen Jahren hegte ich die Angst, irgendwann würde jemand „Mein Spiekeroog“ schreiben, der aber womöglich nicht ich war. Grauenhaft! Zum Glück haben mich die mare-Leute endlich gefragt. Ich habe mein Ja zurückgemailt, noch bevor ich die Anfrage bis zu Ende gelesen hatte. Nur ein halbes Dutzend Ausrufezeichen habe ich vor dem Abschicken verschämt wieder gelöscht. Man möchte ja niemanden verschrecken.

Nun sollten die Lesungen parallel zur Veröffentlichung im März stattfinden und wurden wegen der Corona-Maßnahmen bis auf unbestimmte Zeit verschoben. Wie sind Sie mit diesen Umständen zurechtgekommen?

Natürlich war es frustrierend, dass die Lesereisen, die Premiere, die Buchmessen, ja alle Möglichkeiten, die ein neues Buch hat, um bekannt und gekauft zu werden, gestrichen wurden. Die gesamte Buchbranche kam vollständig zum Erliegen. Die Buchhandlungen schlossen, die Verlage blieben auf den Neuerscheinungen sitzen, und Amazon, der große Gewinner, füllte seine Bücherregale nicht mit frischen Büchern, sondern mit Klopapier auf.Doch dann sieht man die Bilder von den Militärlastwagen in Italien, die bei Dunkelheit die Toten aus den Städten schaffen, und man wird gewahr, wie privilegiert man ist. Meine Perspektive auf die eigenen – milden – Umstände konnte sich glücklicherweise immer wieder an der Realität korrigieren.

Signierstunde ©Katja Sievers

Manche erlebten das letzte halbe Jahr als immensen Stillstand, wie ist es Ihnen ergangen? Kann die Corona-Krise Sie als Schriftstellerin auch inspirieren?

Zur Beruhigung: Ich möchte sicher NICHT den nächsten Corona-Roman (der, darauf wette ich, schon im Herbst irgendwo erscheint) schreiben, und ich möchte ihn eigentlich auch nicht lesen. (Naja, kommt sehr darauf an, von wem er ist). Aber dass Corona unsere Gesellschaft verändert und unser Bewusstsein stark geprägt hat, steht außer Frage, und es wäre sehr seltsam, wenn das nicht in meine Arbeit miteinfließen würde. Leider konnte ich die Zeit des Lockdown nicht kreativ nutzen. Und das nicht nur, weil das Haus zu voll war, um in Ruhe zu schreiben, sondern auch, weil es mir unmöglich war, über irgendetwas nachzudenken, das nicht unmittelbar mit der Pandemie zu tun hatte. Und mal schnell einen Seuchenroman rauszuhauen, erschien mir obszön – so als würde ich meine Bücherregale mit Klopapier auffüllen.

Foto © Katja Sievers

Sie leben mit Ihrer Familie schon sehr lange in Blankenese, Ihre Kinder sind hier aufgewachsen. Wenn Sie am 23. September im Gemeindehaus aus „mein Spiekeroog“ lesen, werden sicher viele vertraute Gesichter anwesend sein – macht solch eine Lesung besonders glücklich?

Ja! (..mit einem halben Dutzend Ausrufezeichen)

Liebe Katharina Hagena, herzlichen Dank für das Gespräch und alles Gute.

1 Kommentar

  1. Veröffentlicht von Musik gibt kraft ¬ Singen macht glücklich | blankenese.de am 22.12.2020 um 11:11

    […] mich auch die leicht angefeuchteten Augen der Zuhörer hier im Blankeneser Gemeindehaus bei der musikalischen Lesung mit der Schriftstellerin Katharina Hagena zu ihrem neuen Buch „Mein Spiekeroog“, die ich mit […]

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