Neues Team im Blankeneser Hospiz
Diana Bahr und Annika Schlichting sind zwar keine Unbekannten im Hospiz, aber neu in der Ausbildung zur Sterbebegleitung. Sie haben die Aufgabe von Annette Hecker übernommen, die im vergangenen Jahr verabschiedet wurde.
Vera Klischan hat sich mit den beiden über ihr neues Aufgabenfeld unterhalten.
Sie sind beide die Nachfolgerinnen von Annette Hecker? Was genau ist Ihre Aufgabe im Hospiz?
Annika Schlichting (A.S.): Ich wurde von Clarita Loeck angesprochen, die Ehrenamtlichen zu schulen. Bereits vor der Hospizgründung habe ich die Ausbildung zur Hospizbegleiterin gemacht. Beruflich war ich viele Jahre als Trauerbegleiterin tätig, so dass ich mich über das Angebot sehr gefreut habe. Nun bin ich neben der Schulung der neuen Ehrenamtlichen ebenfalls für die Supervision der Ehrenamtlichen des Trauercafés zuständig.

Diana Bahr (D.B): Ich habe 2016 die Ausbildung zur Sterbebegleiterin gemacht und war lange Jahre im Ehrenamt im Hospiz tätig. Seit 2021 war ich zusätzlich in der Verwaltung beschäftigt und wurde von Annette Hecker, unserer Vorgängerin, angesprochen. Jetzt bin ich – zusammen mit einer anderen Kollegin aus dem Hospiz – zuständig für die Leitung und Koordination der Ehrenamtlichen, dazu kommt noch die Ausbildung gemeinsam mit Annika Schlichting.
Ist die Ausbildung im Hospiz „angesiedelt“ oder in der Gemeinde?
D.B.: Finanziert wird die Ausbildung von der Stiftung des Emmaus Hospizes. Sie ist kostenlos und wird in Räumen der Gemeinde abgehalten.
Welche Voraussetzungen bringen Sie für diese Aufgabe mit?
A.S: Als Sozialpädagogin, Trainerin, Beraterin und Coach habe ich ebenfalls die Ausbildung zur Hospizbegleiterin gemacht. Später zusätzlich eine Trauerbegleiter- sowie Palliative Care-Ausbildung. Ich habe viele Jahre in der Trauerbegleitung- und Erwachsenenbildung gearbeitet. Die Blankeneser Kirchengemeinde kenne ich schon viele Jahre und bin ihr sehr verbunden.
D.B: Früher habe ich im Marketing gearbeitet und unter anderem Schulkonzepte entworfen, Schulen beraten und selbst Schulungen durchgeführt. Nach meiner Ausbildung zur Sterbebegleiterin im Hospiz habe ich die Ausbildung zur Systemischen Beraterin angeschlossen und in meiner langjährigen Arbeit im Hospiz habe ich viele praktische Erfahrungen mitnehmen dürfen.
Gibt es immer noch genug Interessenten für die jährlich stattfindende Ausbildung?
D.B.: Ja, bis jetzt jedes Jahr! Wir haben immer einen Kurs mit ca. zwölf Teilnehmenden, die mittlerweile sogar auch aus anderen Stadtteilen kommen. Altersmäßig gibt es eine große Bandbreite von 20-80 Jahren. Oft liegt der Teilnahme ein eigenes Erlebnis mit Tod und Sterben zugrunde. Wir haben viele Berufstätige und immer noch sehr viele Frauen.
Haben Sie die Inhalte von Frau Hecker übernommen oder neue Schwerpunkte gesetzt?
A.S.: Die Grundlage ist das „Celler Modell“, ein gemeinsames Vorbereitungskonzept der Diakonie Deutschland und der Deutschen Malteser zur Qualifizierung Ehrenamtlicher in der Hospizbegleitung. Sowohl Annette Hecker als auch wir geben eine eigene „Handschrift“ hinein. Frau Hecker hat gute Methoden ausgearbeitet, die wir uns gerade anschauen und entscheiden, welche wir übernehmen, weil sie zu uns passen.
D.B: Für uns gilt es, Altes zu bewahren und Neues auszuprobieren.
Wie sieht die Teilung Ihrer Aufgabe aus?
A.S.: Als Hauptansprechpartnerin der Ausbildung übernehme ich zwar den größeren Anteil der Schulung, Diana Bahr und ich tauschen uns aber intensiv über alles aus und haben uns die Schulungsinhalte aufgeteilt.
D.B: Wir arbeiten dabei nicht immer zusammen. Wir haben die Daten festgelegt, wer wann die Schulung abhält. Einige Einheiten machen wir zu zweit, individuelle Themenschwerpunkte allein.
Können Sie allen Ausgebildeten eine Aufgabe anbieten?
D.B.: Ja! Ungefähr 50 Ehrenamtliche sind zur Zeit im Hospiz aktiv. Alle tragen sich für einen Dienst meistens alle zwei Wochen ein, entweder von 10-12 Uhr oder von 16-19 Uhr. Der Nachmittagstermin beinhaltet den Abendbrotdienst. Daraus ergeben sich oft sehr gute Gespräche. Die Tätigkeiten im Hospiz sind darüber hinaus sehr vielfältig: neben der psychosozialen Begleitung sind das z.B. Vorlesen, gemeinsame Aktivitäten, wie basteln oder singen, es gibt einen Blumendienst und es werden Sitzwachen bei Sterbenden gemacht. Auch Einkäufe erledigen und gemeinsame Spaziergänge gehören zu den Aufgaben. Einige der Ehrenamtlichen gestalten – nach einer weiteren Schulung dafür – Andachten im Hospiz. Einmal im Monat gibt es ein Trauercafé. Es kommen immer neue Dinge hinzu, z.B. hat sich gerade eine neue Gartengruppe entwickelt.
A.S.: Wir freuen uns immer über neue Ehrenamtlich, natürlich auch über Spenden für das Hospiz.
Was sind die wichtigsten Skills für eine gute Hospizbegleitung?
D.B: Die Bereitschaft, sich dem Thema Sterben und Tod zu nähern.
A.S: Es ist wichtig, sich immer wieder selbst in Frage zu stellen, selbst reflektiert zu handeln und offen und neugierig zu sein. Vieles wird in der Schulung gelernt, z.B. Kommunikation, Rolle der Helfenden, Formen von Ritualen und Spiritualität.
Aber man kann nicht alles lernen, es ist vielmehr eine Haltungsfrage als ein Wissensthema, wie man mit Menschen am Lebensende umgeht.
D.B: Und es ist wichtig, sich mit der eigenen Biographie auseinandersetzen zu wollen und eine Haltung zum Thema Tod zu entwickeln.
Was sind die Kernelemente der Ausbildung?
A.S: Wir setzen uns mit Wünschen, Ängsten und Lebenssituationen von Menschen am Lebensende auseinander. Dafür entwickeln wir Figuren, um die unterschiedlichen Aspekte des Themas zu besprechen. Die Schulung der eigenen Wahrnehmung ist ein wichtiger Bestandteil sowie ein empathischer und wertschätzender Umgang mit den Betroffenen. Ebenfalls das Wissen um pflegerische Aspekte der Begleitung. Auch das Thema Suizid ist kein Tabuthema mehr. Wir diskutieren darüber, um selbst eine Meinung zu dem Thema zu entwickeln.
Haben Sie den Eindruck, dass das Thema „Tod“ gesellschaftlich mehr Beachtung findet?
A.S: In einigen Bereichen auf jeden Fall! Trotzdem ist es nach wie vor ein Tabuthema. Als Trauerbegleiterin mit dem Schwerpunkt „Trauer am Arbeitsplatz“ habe ich beispielsweise große Unsicherheit und Sprachlosigkeit in Firmen und Unternehmen festgestellt, wenn Angehörige oder Mitarbeitende selbst versterben. Um mehr Sicherheit zu erlangen, gibt es „Letzte Hilfe Kurse“. Sie sollen helfen, bei Todesfällen in Nachbarschaft, Familie oder Freundeskreis nicht wegzuschauen oder zu schweigen, wenn ein tröstendes Wort viel hilfreicher sein kann.
Hat Ihre Tätigkeit Ihre eigene Haltung zum Sterben, zum Tod verändert?
A.S: Für mich gehören Leben und Sterben seit langem zusammen. Es ist wichtig, mich damit auseinanderzusetzen und Abschiede in mein Leben zu integrieren.
D.B: Auf jeden Fall! Es ist für mich ganz natürlich zu einem täglichen Thema geworden und hat die Barrieren abgebaut, mit Familie und Freunden über Tod und Sterben zu sprechen.
Liebe Frau Bahr, liebe Frau Schlichting, herzlichen Dank für Ihre Zeit und Ihr großes Engagement für ein Thema, das so sehr zum Leben gehört, aber noch viel zu sehr verdrängt wird.
Sollte dieses Interview Ihr Interesse zur Mitarbeit im Hospiz geweckt haben, melden Sie sich gern bei Clarita Loeck mobil: 0173 2391641
