Blankeneser Zukunftsforum verabschiedet Harris Tiddens

Gegründet von Pastor Helmut Plank war der Niederländer Harris Tiddens in den vergangenen 13 Jahren der Motor des Blankeneser Zukunftsforums. Als Geschäftsführer des Forums hat er mit seiner Eloquenz, seinem Wissen und seiner Begeisterungsfähigkeit viele Menschen für einen verantwortungsvollen Umgang mit den Ressourcen unserer Erde sensibilisiert. Nun zieht er nach Bonn, wo drei erwachsene Söhne auf ihn und seine Frau warten, um sich auch dort unermüdlich für eine lebenswerte Zukunft einzusetzen

Lieber Harris, wie hast du das Ausscheiden der Holländer im Halbfinale verkraftet?

Natürlich habe ich auf die Niederländer geschaut. Aber ich habe bei der gesamten Europameisterschaft eine Rückkehr zum Nationalismus festgestellt. Die Nationalstaaten sind so unterschiedlich, z.B. Luxemburg und Spanien. Nationaldenken tauchte übergroß auf, aber genau das hat so viel Kriege verursacht. Mir war das unangenehm und die Europameisterschaft war mir etwas fremd. 

Seit wann lebst Du in Blankenese?

Seit 2011! Also jetzt seit 13 Jahren! Erst zur Miete, dann haben wir ein Haus in Rissen gekauft. Wir haben hier in Blankenese angefangen, dadurch entstand der Kontakt mit Helmut Plank. 

Harris Tiddens ©Peter Hamel

Wer hat das Zukunftsforum gegründet? Was ist Deine Aufgabe?

Helmut Plank hat das Zukunftsforum 2009 nach Schweizer Beispiel gegründet. Zunächst hieß es Zukunftsrat. Der Name erschien uns zu autoritär, deswegen die Umbenennung in Zukunftsforum. Es war zuerst eine ganz kleine Initiative. Wegen der turbulenten Diskussion um den Marktplatz haben wir 2014 einen Verein daraus gemacht. 

Ich war der Geschäftsführer des Zukunftsforums und habe das zuerst ehrenamtlich gemacht. Aber nachdem mein Buch herausgekommen war, musste ich Einnahmen haben. 

Warum wurde das Zukunftsforum gegründet?

Ein Stadtteil hat eine große Eigenverantwortung für Zukunftsfähigkeit.  Dieser Aspekt ist die Aufgabe des Zukunftsforums.

Welches sind Eure Kernthemen?

Ortsgestaltung, hier im Besonderen die Marktplatzgestaltung, Mobilität, Ernährung und soziale Themen wie Gemeinschaftsbildung. Die Nachbarschaft sollte sich kennen und unterstützen. Das Thema Energie hat leider bisher wenig gebracht. Stadtteil und Bildung ist auch ein KernthemaDas Lernpotenzial für die Schüler ist dabei die eigene Umgebung,  

Arbeitest Du mit ähnlichen Vereinen, Institutionen zusammen?

Wir hier in Blankenese waren beispielhaft für das Berliner Projekt „Nachhaltige Mirendorffinsel“. Es ist ein vergleichbares Projekt, aber mit einem Migrationsanteil von 45%. 82% der Schüler und Schülerinnen an der Grundschule dort hat keinen deutschen Hintergrund. In Berlin hat man schauend auf die Marktplatz-Turbulenzen in Blankenese einen losbasierten Bürgerrat für ein vergleichbares Projekt eingesetzt. Auf Basis der guten Erfahrung in Berlin hat das Zukunftsforum für das Mobilitätsprojekt auch hier ein losbasiertes Bürgerforum eingesetzt, das vom Senat unterstützt wird. Nach Berlin haben wir auch mit dem Zukunftsforum Rissen kooperiert. Ende 2023 folgte die Zusammenarbeit mit der Initiative „Lokalkraft für ein zukunftsfähiges Hamburg“. Blankenese, Rissen, Lokstedt, Zukunftsrat Hamburg, mehr Demokratie e.V. Hamburg, Klimawoche e.V., Patriotische Gesellschaft – mit all diesen Organisationen sind wir in Kontakt. Finanzielle Unterstützung für hauptamtliche Kräfte gibt es von der Patriotischen Gesellschaft.“  Wir haben dieselbe Sicht auf Demokratie, nämlich „bottom up“ und nicht von oben. 

Habt Ihr auch öffentliche Veranstaltungen gemacht neben den internen Treffen?

Wir haben gerade wieder den Fahrradtag mit Schülern und Schülerinnen organisiert.  Die Kinder und Jugendlichen werden mit Fahrradverkehr in Kontakt gebracht. Aber auch Blankenese Unplugged, Straßenfeste und viele Einladungen im Rahmen der GemeindeAkademie. Alle Veranstaltungen sind offen.

Du ziehst nach Bonn. Was gibst Du dem Zukunftsforum zu deinem Abschied mit?

Dass es noch stärker wird! Dass Blankenese die Worte von Robert Swan realisiert: “Die größte Bedrohung für unseren Planeten ist der Glaube, dass jemand anderes ihn retten wird“.  Was der Stadtteil macht, ist relevant. Das muss das Zukunftsforum nach außen tragen. Ich wünsche mir sehr, dass „Lokalkraft Hamburg“ das Zukunftsforum weiter unterstützt und umgekehrt. Am 5.11. redet Lokalkraft Hamburg mit Listenführern der Parteien und Presse. Sie lassen leider ein Riesenpotenzial in den Stadtteilen ungenutzt liegen. Wenn mehr delegiert würde, würde das die Politik und die Verwaltung deutlich entlasten. Hoffe, dass das Zukunftsforum das Potenzial der Stadtviertel aufblühen lässt. 

Wie geht es für Dich jetzt weiter?

Ich werde neue Aufgaben haben. Es gibt schon Kontakte zur Organisation „Bonn im Wandel“, um auch dort den Gedanken der Lokalkraft einzubringen. Ich habe große Hoffnung, dort etwas zu bewegen. 

Worum geht es in Deinem neuen Buch?

Es ist noch nicht fertig! Ich habe 15 Jahre im Bankwesen gearbeitet und eine lange Sicht auf Stadtentwicklung. Die Städte sind viel zu langsam, um sich zukunftsfähig zu bewegen. Das Geldsystem ist eine alles durchdringende mathematische Echokammer, die völlig von der Natur abgekoppelt ist. Die Wirtschaft, die auf diesem Geldsystem basiert, zerstört für uns Menschen die Bewohnbarkeit der Erde. Doch Maßnahmen, die dies ändern sollen, müssen nun erst einmal mit Steuern aus eben dieser Wirtschaft finanziert werden. Das ist absurd. Der Finanzsektor hat die Hauptverantwortung, etwas dagegen zu tun. Diese Verantwortung wird jedoch kaum oder gar nicht wahrgenommen. Die Streitschrift „Wert für Geld“ schlägt drei einfache Maßnahmen vor, um dies zu ändern. Ende Oktober oder Anfang November wird das Buch erscheinen.

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