Inklusion: Es braucht gute personelle Ressourcen

Frau Mühlenhardt, wo sehen Sie Erfolge Ihrer Arbeit als Lernbegleiterin?

Durch die individuelle und persönliche Begleitung und durch meine enge Zusammenarbeit mit den Klassenteams und Fachlehrkräften, können die Schüler*innen mit kognitiven Einschränkungen gezielter gefördert werden und wichtige Lern- und Arbeitserfahrungen im Klassenverband machen.

Meine Arbeit als pädagogische Begleiterin für diese besondere Zielgruppe trägt dazu bei, dass wir das inklusive Profil der Bugenhagenschule noch besser umsetzen können. Dies wird besonders in Fächern mit spezifischen Herausforderungen wie z.B. Physik, Chemie oder auch dem praktischen Lernen deutlich, wo es auch um die Umsetzung von praktischen Versuchen geht und eine Einzelbegleitung unbedingt notwendig ist, um eine angemessene Teilhabe zu ermöglichen. Aber auch in den Hauptfächern wie Mathe, Deutsch und Englisch kann durch die individuelle Begleitung in den Bereichen Soziales und Lernen ganz anders unterstützt und gefördert werden.


Kleine und größere Erfolge sind z.B. dann da, wenn die Schüler*innen trotz ihrer kognitiven Unterstützungsbedarfe Klassenarbeiten mitschreiben können oder wenn sie es schaffen eine kleine Präsentation vor der Klasse zu halten. Das kostet viele Schüler*innen Überwindung, wird aber besonders dann zur Mutprobe, wenn einem Dinge schwerer fallen oder man in der Umsetzung viel mehr Zeit benötigt. Es ist schön zu sehen, wie stolz und glücklich die Schüler*innen sind, wenn sie so eine Aufgabe bewältigt haben.

Ich arbeite zum Beispiel mit einem Schüler, der eine richtige Freude an der englischen Sprache entwickelt hat und sich inzwischen aktiv mit mündlichen Beiträgen am Englischunterricht beteiligen kann. Hier erhält er immer wieder Lob, was auch seinem Selbstbewusstsein gut tut. Solche stärkenden Erfahrungen sehe ich als das Wichtigste, was wir Kindern und Jugendlichen mitgeben können.

In sozialen und emotionalen Belangen kann ich die Schüler*innen zum Beispiel bei Missverständnissen, Unsicherheiten oder Konflikten beratend und regulierend unterstützen.
Manchmal erscheint mir meine Arbeit mit fünf Schüler*innen und vier bis fünf Stunden pro Jugendlichen in der Woche wie ein Tropfen auf dem heißen Stein. Ich erlebe aber, wie viel auch schon in diesen Stunden angestoßen werden kann, Teilhabe durch Unterstützung gelingt und in den begleitenden Fächern Lernerfolge deutlich werden.

Wie genau unterstützen Sie?

Ich begleite seit diesem Schuljahr fünf Schüler*innen der Mittelstufe, also in den Klassen von acht bis zehn. In allen drei Jahrgängen unterstütze ich stark fachlich durch 1:1 Arbeit oder auch in Kleingruppen zum Beispiel in Mathe, Englisch und Deutsch, aber auch im Praktischem Lernen und in Chemie. Dabei versuche ich zum einen, Themen vereinfacht näher zu bringen, differenzierte Aufgaben ganz praktisch gemeinsam zu bearbeiten und auch Möglichkeiten der Teilhabe in der Klasse zu initiieren und zu begleiten. Außerdem unterstütze ich bei sozialen, emotionalen Themen, die für das Kind in der Schule anfallen, indem ich bei Gesprächen Hilfestellung gebe, bei Elterngesprächen beratend hinzugezogen werde oder alternative Handlungsmöglichkeiten bei Konflikten aufzeige.

In der Mittelstufe wird auch das Thema Verselbständigung und Übergänge ins Berufsleben zunehmend wichtig. Es werden erste berufliche Erfahrungen in Praktika gesammelt.
In diesem Jahr konnte ich durch meine besondere Stelle eine Schülerin bei ihrem Praktikum bei Budnikowski in Blankenese unterstützend begleiten. Das war großartig, da aufgrund knapper personeller Ressourcen in vielen Praktikumsbetrieben ein mehrwöchiges Praktikum sonst oftmals schwer umsetzbar ist. Ich denke, das war eine tolle und inklusive Erfahrung für alle – die Schülerin, das Unternehmen und auch mich.

In Klasse 10, wenn sich die anderen Schüler*innen auf ihre Abschlüsse vorbereiten, geht es neben der Begleitung im Unterricht auch verstärkt um einen Übergang ins Berufsleben, sofern die Jugendlichen nicht an unserem Campus-Projekt teilnehmen. Themen wie berufliche Orientierung, das Kennenlernen von verschiedenen beruflichen Bildungseinrichtungen und ggf. die Kontaktaufnahme mit der Agentur für Arbeit sind in diesem Schuljahr auch Teil meiner Tätigkeit geworden.

Ihr persönliches Fazit nach diesem ersten Jahr als Lernbegleiterin?

Es macht mir große Freunde diese besondere Stelle der pädagogischen Lernbegleitung ausfüllen zu dürfen. Die Aufgaben sind vielfältig, schon deswegen, weil ich es mit ganz unterschiedlichen Kindern bzw. Jugendlichen zu tun habe, die ihre eigenen Fähigkeiten, Schwierigkeiten und Wünsche mitbringen. Jeder Tag ist anders und stellt mich auch manchmal vor ganz unerwartete und neue Herausforderrungen im Schulalltag, die es zu lösen gilt. Das ist spannend und auch manchmal im positiven Sinne herausfordernd.

Insbesondere Schulen haben die Aufgabe, Kinder und Jugendliche mit einem Förderbedarf auf ein möglichst selbstbestimmtes Leben innerhalb einer inklusiven Gesellschaft vorzubereiten. Dies kann nur gelingen, wenn positive Lernerfahrungen kontinuierlich gesammelt werden können und eine ausreichende Begleitung sichergestellt ist.

Die Bereitstellung von personellen Ressourcen ist immer eine große finanzielle Herausforderung, sollte aber auch zukünftig ein wichtiger Bestandteil inklusiver Arbeit an Schulen sein. Damit legen wir ein wichtiges Fundament für ein inklusives Miteinander in einer offenen Gesellschaft.

Sabine Müntze, 3.2025

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