Interessantes aus Blankeneses Frühzeit

von Maike und Ronald Holst

Vielfach wird das Jahr 1301 als Gründungsdatum Blankeneses betrachtet. Tatsächlich wurde die Ortschaft Blankenese in besagtem Jahr erstmals urkundlich erwähnt. Anlass war die Verpfändung der Fährpacht durch Graf Adolf VI. von Schauenburg an die beiden Ritter von Raboisen. Damit wurde eine Söldnerschuld von 170 Mark ausgeglichen. 

Eine von der Süderelbe ans Nordufer angespülte und sehr auffällige Sandbank wurde seit Urzeiten vom Schiffsvolk „Blank Nes“ (Blanke Nase) genannt, während die wenigen Hütten am Süllberg zunächst namenlos blieben. „Blank Nes“ war also ein nautischer Begriff. Spätestens um 1300 (s.o.) hatte sich das geändert. Jetzt trug die Ansiedlung den Namen „Blank Nes“, und die Sandbank nannte man „Blankeneser Ordt“. 1632 wurde sie von der „Zweiten Manndränke“ fortgespült. 

Die für Blankenese namensgebende Landzunge „Blankeneser Ordt“
wurde 1632 durch eine „Manndränke“ fortgerissen.

Was geschah vorher?
Gehen wir in der Geschichte Schritt für Schritt zurück!

1258 errichteten die gräflichen Brüder Johann I. und Gerhard I. von Schauenburg eine steinerne Burg auf dem Süllberg zum Schutz gegen die Expansionsgelüste des Bremer Erzbischofs Gerhard II., der seinen Einfluss über die Elbe ausdehnen wollte.

Johann I. und Gerhard I. von Schauenburg ließen 1258 auf dem Süllberg eine steinerne Burg errichten. 

Aber schon vier Jahre später musste die Burg wieder abgerissen werden, weil sie auf der Grenze der Zweimeilen-Zone des Hamburger Freibriefs von 1189 lag. Stattdessen baute Graf Adolf VI. 1311 die Hatzburg bei Wedel zum Grenzschutz nach Westen und zur Sicherung der Wedeler Fähre.  

Eine Urkunde von 1059 belegte, Dass Adalbert von Bremen auf dem Süllberg eine Erdburg errichten ließ.  

1060/61 wurde eine Erd-Burg und Propstei auf dem Süllberg durch Erzbischof Adalbert von Bremen errichtet. Sie diente dem Schutz der wichtigen Fähre am Heerweg* von Dänemark über Wedel/Blankenese und Bremen nach Holland.

1070 wurde die Burg-Anlage von aufgebrachter Bevölkerung zerstört

Nach Raubüberfällen der hier stationierten Burgmannen auf vorüberziehende Kaufleute und die Nachbarschaft wurde die gesamte Anlage ca. 1070 von aufgebrachter Bevölkerung zerstört, woraufhin Adalbert von Bremen alle Menschen nördlich der Elbe exkommunizierte. 

811 ließ Karl der Große einen Weg von der Hammaburg zur Schiffsverbindung Blankenese – Buxtehude durch den Urwald des Nordufers schlagen, um damit einen Nachschubweg für die junge Stadt Hamburg zu erhalten. 

804 beendete Karl der Große die 32 Jahre dauernden Sachsenkriege. Die Reichs-Annalen meldeten, dass er in Hollenstedt am Oberlauf der Este sein Hoflager aufgeschlagen hatte. Durch Gesandte die Este hinunter und herauf führte er Verhandlungnen mit „König“ Göttrik von Haithabu, der sich mit seinem Heer am Elbe-Nordufer im Bereich des heutigen Blankenese aufhielt. Doch der Däne war vorsichtig gegenüber Karl und blieb, wo er war. Karl dagegen konnte seine Truppen nicht in ausreichender Zahl über Este und Elbe in den Raum Blankenese schaffen, um Göttrik seine Meinung aufzuzwingen. Also blieb alles wie es war.

Der von Skandinavien kommende „Heerweg“ existiert vermutlich schon seit der Bronzezeit.

Für die ersten 400 Jahre unserer Zeitrechnung hat das Hamburger Amt für Bodendenkmalpflege Belege für eine Besiedlung des Blankeneser Hangs sichergestellt. Beispielsweise wurden sieben Zufallsfunde (bis in die 1960er Jahre) auf Grundstücken im Blankeneser Op´n Kamp registriert. Darunter eine römische Münze. (Der Weg liegt oberhalb von Sagebiels Fährhaus). Hier waren die Bewohner vor Hochwasser und den schlimmen Nordwest-Stürmen geschützt und ein wenig sicherer vor Gelegenheits-Fluss-Piraten, die gern am Ufer gelegene Häuser ausraubten und deren Bewohner in die Sklaverei verkauften.

Im 4. und 5. Jahr n. Chr. drang der römische Feldherr und spätere Kaiser Tiberius mit einer Flotte elbaufwärts. An den „Blankeneser Bergen“ vorbei ins Tal der Alve beim heutigen Alvesen, in den Harburger Bergen. Er hatte den Auftrag, die Nordgrenze des römischen Reichs bis an die Elbe auszukundschaften. Doch auf dem Rückweg lief seine Flotte vor Blankenese auf Sand. Seine Steuerleute waren der Meinung, dass sie von den germanischen Flussgöttern festgehalten würden. Um sie umzustimmen brachten die Seeleute ihnen auf dem Süllberg ein Opfer. Und siehe da, nur wenig später konnten sie feststellen, dass ihre Schiffe wieder aufschwammen. Und sie liefen freudig zu ihren Booten, um die Fahrt nach dem offenbar angenommenen Opfer fortzusetzen. Es blieb bei diesem kurzen Besuch. 

Immer wieder säumen vorzeitliche Hügel- und Steinkistengräber den „Heerweg“.

Schon in der Bronzezeit – zwischen 2.200 und 800 v. Chr. – gab es den Heerweg von Dänemark nach Wedel oder Blankenese. Denn dort musste das 13 km breite Urstromtal der Elbe passiert werden, um vom südlichen Rand weiter nach Süden zu laufen. Das war der einzige Weg von Skandinavien zu den Vorkommen von Zinn und Kupfer im Süden Deutschlands. 
Jeder, der es sich leisten konnte, wollte Waffen, Gerätschaften und Schmuck aus der daraus entstehenden Legierung Bronze haben. Vor allem Schwerter, die neuen Langwaffen. Mit ihnen konnte man jeden Feind besiegen. Leider gab es die Erzvorkommen erst im Südschwarzwald und Südbayern. Händler reisten mit dem Rohstoff von dort in den Norden oder die Käufer mussten selbst den weiten Weg nach Süden antreten. Am durch Schleswig-Holstein verlaufenden Heerweg finden sich noch heute zahlreiche Hünengräber aus verschiedenen Epochen. Die ältesten stammen aus der Bronzezeit. In diesen steinernen Grabkammern wurden wichtige Personen beerdigt, die vielleicht auf ihrer Reise zum oder vom Erz gestorben waren. 

Weiter sind Moorleichenfunde aus Jütland (z.B. die Egtved-Frau) bekannt. Anhand von Untersuchungen ihrer Haare, des Zahnsteins und der Fingernägel kann man feststellen, dass einige von ihnen während ihres kurzen Lebens mehrmals im Schwarzwald waren. Sie gehörten zu Einkaufsexpeditionen von Zinn und Kupfer, die auf dem Hin- und Rückweg bei Wedel bzw. Blankenese das Urstromtal der Elbe überwanden, was meist mit langen Wartezeiten verbunden war. 

Nach Beleuchtung dieser Fakten kann man schließen, dass Blankenese seinen Namen zwar erst spät erhalten hat, jedoch die Siedlung wegen der einzigartigen Möglichkeit, von hier aus den Strom zu überqueren, vermutlich seit viertausend Jahre existiert.  


* “Heerwege“ sind wichtige mittelalterliche Verkehrswege. Mit „Heer“ ist in diesem Zusammenhang kein militärischer Weg gemeint. „Heer“ steht für eine nicht festgelegte Mengenangabe „vieler Personen“ (z.B. himmlische Heerscharen, Heer von Arbeitern etc.) 

Quellen:

„Blankeneser Geschichte (n)“ Sonderheft 2000,
Verlag Hamburger Klönschnack, Autor: Winfried Grützner
Internet: „Die Frau von Egtved“

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