Jahresbericht der Evangelischen GemeindeAkademie Blankenese e.V.

Insgesamt hat die GemeindeAkademie im 1. Halbjahr 2024 rund 25 Vorträge, Lesungen und Gespräche organisiert, nach der Sommerpause folgten 17 weitere Veranstaltungen. Wir durften bis Ende Juni knapp 1500 Interessierte in der GemeindeAkademie begrüßen. In der zweiten Jahreshälfte kamen ebenso viele Besucherinnen und Besucher dazu, also insgesamt 3000. Damit hat sich die Zahl gegenüber dem Vorjahr verdoppelt – ein Grund zur Freude! (2023: 1469). Dazu kommen jene, die an den regelmäßigen Angeboten teilnehmen, etwa dem Literaturcafé oder den Treffen der Meditationsgruppe. Beide dürfen auf eine verlässliche Stammklientel zählen. Die Aktivitäten des Studienbereiches Meditation allerdings ruhen seit dem Sommer – die dafür über lange Jahre verantwortlichen drei Damen haben ihren Einsatz aufgrund von Alter und Krankheit aufgegeben.

Nach der Sommerpause erfolgte der von langer Hand geplante und vorbereitete Wechsel in der Akademie-Leitung.

Maren Kemmer hat die Aufgabe Anfang September von Susanne Opatz übernommen und das Programm nahtlos und erfolgreich weitergeführt.

Seit dem 4. Quartal 2023 gestaltet Frank Engelbrecht, ehemals Hauptkirche St. Katharinen, als Pastor das Blankeneser Gemeindeleben mit – und bringt sich intensiv mit Themen, mit seinem Netzwerk sowie bei der Planung und Durchführung von Veranstaltungen ein. So konnten wir an zwei Abenden im 1. Halbjahr, an denen wir uns mit zukunftsfähiger Stadtplanung und Stadtteilentwicklung beschäftigt haben, von seinen Kontakten zur HafenCity Universität und zu Experten aus der Hamburger Innenstadt profitieren. Auf diesem Feld kooperiert die Akademie seit langem mit dem Zukunftsforum Blankenese, das auch diesmal als Mitveranstalter auftrat.

Das Akademie-Programm hat wie immer aktuelle Krisen in den Blick genommen, drängende gesellschafts- wie auch kirchenpolitische Fragen aufgegriffen und damit, so hoffen wir, den Horizont und das Urteilsvermögen der Zuhörenden erweitert.

Ein paar Beispiele:
Wie können wir und warum sollten wir „mehr Zuversicht wagen“ angesichts von Kriegen, Pandemien, des fortschreitenden Klimawandels und erstarkender rechtsextremer politischer Positionen? Wo zeigen sich dennoch Wege in eine gute Zukunft? Mit dieser Frage hat sich Carsten Brosda, viel gefragter Hamburger Senator für Kultur und Medien, in seinem jüngsten Buch beschäftigt; wir hatten ihn im April zu einer Lesung mit Gespräch in Blankenese zu Gast. Das Thema „Zuversicht“ prägte zugleich zwei wichtige Veranstaltungen Anfang November, mit denen sich die GemeindeAkademie – wie auch in den Vorjahren – an den Ev. Akademietagen in der Nordkirche beteiligt hat. Deren Motto: „Bleiben Sie zuversichtlich ….“. Begleitet von dem Amerikanisten und Hamburger Buchhändler Matthias Marissal, der Journalistin Elisabeth von Thadden (Die ZEIT) und per Video aus Amerika zugeschalteten Gästen haben wir auf die Wahl in den USA geschaut, deren Ausgang gemeinschaftlich beobachtet und verarbeitet.

Die Berliner Autorin Gabriele von Arnim hat in einer zweiten Veranstaltung vor 200 Zuhörenden in der Blankeneser Kirche aus ihrem ermutigenden Essay „Liebe Enkel oder die Kunst der Zuversicht“ gelesen: Wie bleiben wir zuversichtlich in diesen fragilen Zeiten? Was unterscheidet die Zuversicht von der Hoffnung? Wie werden wir selbstwirksam?

Den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine haben wir mehrfach und aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet. So diskutierte eine Runde aus Politikwissenschaftlern und Psychologen über eine „Welt im Alarmzustand“. Die Russlanddeutsche Inna Hartwich, taz-Korrespondentin in Moskau, berichtete – mit Blick auf ihre eigene Familie – über die russische Gesellschaft als eine, die gelernt hat Gewalt zu ertragen und schweigend hinzunehmen. In einer szenischen Lesung über die einst kosmopolitische, jüdisch und polnisch geprägte ukrainische Stadt Lemberg wurde uns die enge Verbindung der Ukraine zu Europa vor Augen geführt.

Nicht weniger brisant war die Auseinandersetzung mit den Auswüchsen des Antisemitismus in der Vergangenheit und heute – angeheizt durch den Hamas-Terror am 7. Oktober 2023 und den bis heute währenden israelisch-palästinensischen Krieg in Gaza. Unter dem Titel „Deutsche Lebenslügen“ schilderte etwa Philipp Peymann Engel, Chefredakteur der Jüdischen Allgemeinen Zeitung, die Anbiederung der deutschen Politik an die Feinde Israels und den alltäglichen Antisemitismus aus allen Ecken der Gesellschaft – in Kooperation mit der Blankeneser Buchhandlung Wassermann, die sich im Jahr 2024 zur festen und gern gesehenen Kooperationspartnerin der GemeindeAkademie entwickelt hat.

So war das Gemeindehaus etwa auch Austragungsort für eine Buchmesse und ein Literarisches Quartett im Rahmen des von Wassermann organisierten Literaturfestivals „Blankeneser Herbstlese“ Anfang September – eine Premiere. Die gemeinsamen Vorhaben möchten wir nicht missen, sie werden auch in 2025 ihren Platz im Akademieprogramm finden.

Das Themenfeld „Flucht, Migration, Exil“ beschäftigt die GemeindeAkademie seit vielen Jahren – zumeist in Zusammenarbeit mit dem „Runden Tisch Blankenese – Hilfe für Geflüchtete“. Prof. Dr. Klaus Neumann, deutsch-australischer Historiker, berichtete im April über den Umgang mit Geflüchteten in Hamburg seit dem Mauerfall – mit besonderem Augenmerk auf den Bezirk Altona. Karl Kopp, Geschäftsführer der Menschenrechtsorganisation Pro Asyl, informierte im Oktober über den neuen europäischen Asylpakt und seine Folgen. Die vom Forum Ziviler Friedensdienst konzipierte Plakatausstellung „Gesichter des Friedens“, die während der Friedensdekade im November im Gemeindehaus zu sehen war, illustrierte Fluchtgeschichten von Menschen, die ihre Heimat aufgrund von Krieg und Verfolgung verlassen mussten.

Und wir wären keine evangelische GemeindeAkademie, würden wir nicht auch religiöse Themen aufgreifen, Menschen in ihrem Glauben stärken und ihnen dafür Rüstzeug an die Hand geben. Im Mai gastierte der Schauspieler und Geiger Christian Stejskal in der Kirche, um das Markus-Evangelium aufzuführen – wortgetreu und begleitet von Musik. In die Mystik der Teresa von Avila führte uns Prof. Peter Zimmerling ein, Theologieprofessor aus Leipzig und auf protestantische Mystik spezialisiert. Dr. Anna-Katharina Szagun, Professorin für Religionspädagogik und zudem in der „Gesellschaft für eine Glaubensreform“ engagiert, berichtete, wie religiöse Erziehung gelingt, die bei den Fragen und Bedürfnissen der Kinder anknüpft und das Stärkungs- und Ermutigungspotential des Glaubens entfaltet.

Anfang September hat sich die GemeindeAkademie nach längerer Pause wieder an der „Nacht der Kirchen“ beteiligt, dem größten ökumenischen Fest im Norden. Zwar war die Blankeneser Kirche nicht als Spielort dabei, wohl aber mit einem ihrer Pastoren im Programm vertreten. Auf dem Desy-Campus in Bahrenfeld traf Glaube auf Wissenschaft. Pastor Engelbrecht und Prof. Dr. Christian Schwanenberger, Quantenphysiker bei DESY, moderierten ein Programm, in dem sich fremde Welten begegnen und über das große Ganze austauschten. Im September 2025 wird die „Wissenschaftskirche“ in Blankenese ihre Zelte aufschlagen. 

Als Gegenpol zu den oft herausfordernden Themen der Gegenwart erfreuen sich zudem Kultur-Veranstaltungen, etwa Lesungen mit musikalischem Rahmen oder auch Ausstellungen, großer Beliebtheit. „Heimat, Deine Sterne“ – die Geschichte einer Berliner Jüdin, die mit ihrem neugeborenen Sohn (heute in Blankenese lebend) in den letzten Monaten des Krieges nach Theresienstadt deportiert wurde – war zum Holocaust-Gedenktag im Januar zu hören, dazu Musik aus den 1920er und 1930er Jahren. Dr. Markus Bertsch, Kurator der großen Caspar David Friedrich-Jubiläumsausstellung in der Hamburger Kunsthalle, war zu Gast – und im Gespräch mit dem Goethe-Forscher Dr. Manfred Osten über die Epoche der Romantik und das Verhältnis von Maler und Schriftsteller zu erleben. Erstmalig kam es zu einer Kooperation mit der Gustav Mahler Vereinigung Hamburg: Dr. Jörn Rieckhoff, Dramaturg des Hamburg Ballett, gab einen Rückblick auf die Mahler-Ballette des scheidenden Ballett-Direktors John Neumeier.

Dass die lokale Geschichte viele, zumeist ältere Menschen in Blankenese und darüber hinaus anspricht, durften wir mehrfach erleben. Der Förderkreis Historisches Blankenese, mit dem die Akademie gern kooperiert, ist mit seiner im Gemeindehaus gezeigten dokumentarischen Ausstellung „Blankenese im Zweiten Weltkrieg“ und den begleitenden Veranstaltungen auf großes Interesse gestoßen. Das galt auch für einen Abend im Dezember, an dem der „Verein zur Erforschung der Geschichte der Juden in Blankenese“ gemeinsam mit der Akademie zu einer Buchvorstellung einlud – und damit seine Forschungsergebnisse über das jüdische Leben im Ort während der NS-Zeit und danach vorstellte.

Grundsätzlich ist uns die Zusammenarbeit mit außerkirchlichen Institutionen, darunter auch der BUND oder die Körber-Stiftung, wichtig, weil wir damit Menschen für das Wirken der Akademie interessieren können, bei denen sie sonst kaum Beachtung fände. Durch gemeinsame Projekte mit dem Zukunftsforum Blankenese, dem Förderkreis Historisches Blankenese und auch der lokalen Buchhandlung Wassermann versuchen wir, unsere Präsenz im Ort weiter zu festigen und uns am Diskurs von Themen mit lokaler und lokalgeschichtlicher Bedeutung zu beteiligen. Die Kontakte zur Evangelischen Akademie der Nordkirche sind nach wie vor gut und eng. Der Austausch mit Kolleginnen und Kollegen von anderen Bildungsorten im Norden ist erfreulich.

Eine Bereicherung des Gemeindelebens sind die gemeinsamen Vorhaben mit „Kirche und Kunst“. Ausstellungen und Vorträge über die religiösen Aspekte von Kunst geben immer wieder Impulse, haben spirituellen Charakter oder regen zur Auseinandersetzung mit Glaubensfragen an.

Zu Einkehr und Stille etwa luden die Objekte des Rissener Künstlers Erke Kurmies ein, dessen Kreuzwegstationen während der Passionszeit in der Kirche gehängt waren.

Großformatige abstrakte und expressive Bilder der Malerin Gunda Oehm – eines davon im Altarraum zu sehen – begleiteten uns im Frühjahr; im Sommer konnten wir uns über die Schwarz-Weiß-Fotos von Thomas Grebe in das Hamburg der 1960er Jahre zurückversetzen.

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Vernissage Gunda Oehm

Am Pult: Susanne Opatz, Leiterin der GemeindeAkademie bis Mitte 2024

Und in der Adventszeit waren „Leuchtende Schätze“ an den Wänden von Kirche und Gemeindehaus zu entdecken – 50 großformatige Fotografien von Kirchenfenstern im Norden.

Die Ausstellungen ziehen immer wieder auch Menschen außerhalb der Elbvororte an und machen sie auf Akademie und Kirchengemeinde aufmerksam.

Susanne Opatz und Maren Kemmer
Blankenese, Januar 2025

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