Ohne Atelier und Staffelei

Auf der Kunstmeile Blankenese sind auch die Werke der Malerin Wiebke Müller-Stüler zu sehen. Sie lebt im Treppenviertel und malt ihre Bilder in ihrer Küche mit Blick auf die Elbe. Vera Klischan hat für blankenese.de mit der Hamburger Künsterlin, die über viele Stationen im In- und Ausland nach Blankenese kam, gesprochen

Liebe Frau Müller-Stüler, wie wird man Malerin?

Ich bin Hamburgerin und stamme aus einer alten Hamburger Handwerkerfamilie, W. Schmidt & Sohn, die hanseatische Institutionen eingerichtet hat, wie z. B. Ladage & Oelke und das Hansatheater. Wir haben in St. George gewohnt, sind im Krieg ausgebombt und dann nach Blankenese gekommen. Als Kind habe ich schon immer gezeichnet. Für die Familie war das ganz normal – „das war so, und ist so“.

Ich habe Kunst am Lerchenfeld studiert und wurde Kunsterzieherin. Das Geld für mein Studium habe ich mir bei Langnese und der Baubehörde verdient. Außerdem habe ich als Werkfächer Goldschmiede und Töpferei gelernt, womit ich etwas Geld verdienen konnte.

Ich war Referendarin am Wilhelm Gymnasium und am Gymnasium Alstertal, dann Studienrätin am Wilhelm Gymnasium. Berufliche Stationen meines Mannes führten uns nach Aachen, London, Karlsruhe, und Düsseldorf. Ich habe überall gearbeitet und gemalt und parallel Ausstellungen gemacht.  In London, wo wir 11 ½ Jahre verbracht haben, habe ich Vorträge am Victoria & Albert Museum gehalten, in Düsseldorf war ich am Kunstmuseum tätig. Die Kinder kamen in Aachen und London zur Welt.

Kiefern 1984 ©Vera Klischan

Wie entstehen Motive? Im Kopf? Durch Umweltanregungen?

Das ist merkwürdig! Durch alles, was ich sehe. Ich habe kein fertiges Bild im Kopf. Manchmal habe ich eine Idee und dann wird nichts daraus, aber die Ideen werden bewahrt. Viele Motive entstehen auch beim Malen. Manchmal male ich auch Gegenstände aus der Umgebung, so z. B. das Blankeneser Treppenviertel oder den Kronleuchter im Wohnzimmer. Ich male Dinge nie ab, sondern deren Impressionen.

Hat sich Ihr Stil im Laufe der Jahre verändert? Gibt es Stilepochen?

Ich kann schwer beurteilen, ob meine Bilder sich sehr verändert haben. Ich glaube aber, mein Stil und meine Handschrift haben sich über die vielen Jahre nicht verändert. Ich male nicht im Atelier und nicht an einer Staffelei. Mein künstlerischer Arbeitsplatz ist die Küche, die Farben stehen immer bereit. Ich male aus einer Perspektive, in der das Bild vor mir liegt. Viele Bilder habe ich in den letzten Jahren verkauft, aber viele befinden sich noch in unserem Keller. Es wird noch gemalt.

Worte der Malerin ©Vera Klischan

Kann man immer malen? Oder gibt es „Blockaden“?

Nein ich kenn keine Blockaden! Es gibt längere Phasen, in denen ich nicht male. Manchmal Monate lang. Wenn ich male, male ich gern.

Welche Art von Farben bevorzugen Sie?

Ich male mit Acrylfarben, die ich sehr stark mit Wasser verdünne. Die Acrylfarben wende ich wie Aquarelltechnik an. Das Trocknen dauert sehr lange. Ich bin sehr pingelig mit der Balance eines Bildes. Manchmal korrigiere ich noch nach Monaten durch kleinste Tupfer das Gleichgewicht des Bildes. Ich weiß dann die ganze Zeit, dass irgendwas mit dem Bild nicht gestimmt hat.

Bohns Garten 2008 ©Vera Klischan

Sie stellen auf der Kunstmeile Blankenese aus. Sozusagen Kunst im öffentlichen Raum – wie ist das für Sie?

Das ist eine Attraktion im Stadtteil. Ich platziere meine Bilder im Fischhuus und im ehemaligen Geschäft von „Rolf & Bernd“. Die Menschen sollen sich mit einem Kaffee in der Hand vor dem Fenster darüber unterhalten und vielleicht Spaß an ihnen haben und die Kunst nicht zu ernst nehmen.

Es ist grundsätzlich schwer einen Ausstellungsort zu finden, so wie es für mich auch schwierig ist, mit meinen Bildern Geld zu verdienen. Akquise liegt mir nicht.

Wann ist ein Bild „reif zum Verkauf“? 

Ich kann ein Bild nur verkaufen, wenn es in meinen Augen fertig ist. Manchmal dauert es, wie ich es oben beschrieben habe. Dann freue ich mich, wenn jemand Freude an meinem Bild hat.

Liebe Frau Müller-Stüler, ich danke Ihnen herzlich für diesen Einblick in Ihr Künstlerinnenleben und freue mich auf einen Besuch vor dem Schaufenster mit dem Kaffee in der Hand.

Auf der Kunstmeile Blankenese! Neben Wiebke Müller-Stüler gibt es die Werke viele Künstler und Künstlerinnen den ganzen Monat April über zu besichtigen. Kunst im öffentlichen Raum – eine großartige Idee in Zeiten von Lockdown und Kontaktbeschränkungen. Am besten mit einem Kaffee in der Hand!

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