Tradition in Blankenese: Bäckerei Körner
In vierter Generation wird die Traditionsbäckerei Körner mit ihrem Stammgeschäft an der Blankeneser Landstraße von Sabine Möller geführt. Die studierte Betriebswirtin, ausgebildete Bäckermeisterin und Konditorin ist jetzt bereits seit achtunddreißig Jahren im Betrieb mit seinen fünf Filialen.
Über Handwerk und seine Zukunft, Herausforderungen in besonderen Zeiten und soziales Miteinander sprach Sabine Möller mit Blankenese.de.
Liebe Frau Möller, wie sieht bei Ihnen der Arbeitstag aus:
Seit einiger Zeit gönne ich mir einen großen Luxus und starte erst um 07:30 Uhr in den Arbeitstag. Die Mitarbeiter in der Backstube beginnen bereits um 01:30 Uhr ihr Handwerk, die erste Fachverkäuferin bereitet ab 4:30 Uhr schon mal alles für den Verkauf vor. Fällt ein Mitarbeiter aus, springe ich natürlich ein und dann auch entsprechend früh. Den Vormittag verbringe ich meistens hier im Geschäft an der Blankeneser Landstraße, unterstütze beim Verkauf und bin im Büro. Der Austausch mit meinen Mitarbeitern ist mir sehr wichtig, gerade im vergangenen Jahr mussten sie noch mehr leisten als zuvor. Die Verkäuferinnen stehen an vorderster Front, seit über einem Jahr erfüllen sie während ihrer 6,5 Stundenschicht mit Maske und hinter schützenden Plexiglasscheiben die Kundenwünsche. Die Arbeit ist anstrengender geworden und gerade am Morgen, wenn es bei vielen Kunden gar nicht schnell genug gehen kann, arbeiten wir als Team gut Hand in Hand.
Nach dem Kundenansturm schreibe ich in meinem Büro, welches sich über der Backstube befindet, die Produktionslisten und Lieferscheine. Am Nachmittag sind die Verwaltungsarbeiten dran, bevor am Abend noch der Kassenabschluss getätigt wird. Dazu kommt die Buchhaltung und natürlich der Personaleinsatzplan. In den fünf Filialen plus Marktwagen beschäftige ich insgesamt dreißig Mitarbeiter.
Als treue Kundin fällt auf, dass es scheinbar wenig Wechsel bei den Mitarbeitern gibt?
Das ist richtig und stimmt mich auch sehr glücklich. Über die Hälfte der Mitarbeiter ist bereits über zehn Jahre bei uns, eine Kollegin sogar schon achtunddreißig Jahre! Ein guter und verbindlicher Umgang miteinander ist uns allen sehr wichtig. Wie erwähnt dauert eine Schicht sechseinhalb Stunden bei einer sechs Tage Woche, da ist es für mich auch selbstverständlich, die Mitarbeiter übertariflich zu entlohnen. Im vergangenen Jahr habe ich mich mit einer „Corona-Prämie“ für das zusätzliche Engagement bei meinen Mitarbeitern bedanken können.
Worüber ich mich ganz besonders freue und auch stolz bin, sind meine Auszubildenden. Wir bilden zur Zeit einen jungen geflüchteten Mann aus Syrien zum Fachverkäufer aus. Er ist sehr engagiert und spricht Deutsch auf C1-Niveau! In der Backstube unterstützt uns ein junger Guineer. Die Unterstützung durch Mitglieder des runden Tisches Blankenese –vor allem von Helga Rodenbek- ist hierbei besonders hervorzuheben. Dafür sind wir sehr dankbar.
Händeringend haben wir allerdings in der Vergangenheit Fahrer gesucht, die unsere Ware ausliefern. Aber trotz Kurzarbeit und weniger Beschäftigung haben sich kaum Interessenten gemeldet-die Arbeitszeiten sind den meisten wohl zu früh! Nun ist die Stelle aber zum Glück besetzt.
Im vergangenen Jahr fanden wenige und wenn auch nur in kleinem Rahmen, Veranstaltungen und Feiern statt. Damit fielen sicher eine Menge Aufträge für Sie weg. Wie haben Sie dies kompensieren können?
Das stimmt, Konfirmationen, Geburtstage und Feiern fanden nur im kleinen Rahmen statt und entsprechend haben wir weniger unserer Torten und Kuchen ausgeliefert. Da aber die Cafés und Bars geschlossen sind, haben wir ein sehr gutes Außer-Haus-Geschäft. Auffallend ist auch der viel größere Bedarf an Brot und Brötchen der Kunden. Die Schulen, Kitas, Kantinen und Mensen sind ja alle geschlossen und somit wird deutlich mehr zu Hause gegessen.
Uns allen fehlen die Schüler aus den umliegenden Schulen. Sie sind nicht unbedingt die Umsatzträger, aber wir haben viel Spaß mit Ihnen. Vor Corona lief es bei uns immer nach dem Motto „mit Konsequenz und Liebe“, wenn in den Schulpausen die jungen Leute in Horden unser Geschäft enterten. Mitarbeiterinnen und Schüler kennen sich oftmals so gut, da bleibt meistens Zeit für einen kurzen Schnack. Hoffentlich kehren die Schüler nach den Sommerferien in die Schulen zurück.
Frau Möller, gerade in Hinblick auf die Filialisten-was bedeutet Tradition als alteingesessener Betrieb für Sie?
Selbstverständlich sind auch wir offen für Neues und bieten unseren Kunden neben traditionellen Broten so etwas wie Chia–Brot an. Wir rennen aber nicht jedem Trend hinterher, sondern stehen für Verlässlichkeit. Für unsere guten Produkte wurden wir nicht umsonst vom Feinschmecker-Magazin zu einem der fünfhundert besten Bäcker Deutschlands gekürt. Und der Genussguide hat gerade erst unsere Franzbrötchen zu den zehn Besten Hamburgs ausgezeichnet. Bei den jährlichen Brot- und Brötchenprüfungen erhalten wir jedes Mal viele Goldmedaillen.
Unsere Ladenlokale sind nicht so modern wie die der Filialisten, aber ein Umbau und die damit verbundenen Kosten sind für uns schwer darstellbar. So bleiben wir bei unserer traditionellen Ausstattung, die viele Blankeneser auch sehr schätzen. Die hervorragende Qualität unserer Backwaren ist uns wichtiger.
Als Blankeneserin engagieren Sie sich vielfältig, was liegt Ihnen dabei besonders am Herzen?
Neben der Blankeneser Interessengemeinschaft habe ich einen guten Kontakt zum Bunten Haus in Blankenese. Wir beliefern die Unterkunft für Geflüchtete in Sieverstücken zwei bis dreimal die Woche mit unserer frischen, nicht mehr verkauften Ware. Auch in Wedel, wo wir bis vor kurzem eine Filiale betrieben haben, waren wir in der Nachbarschaftshilfe engagiert. Kurz nach Beginn der Corona-Pandemie wurden die Tafeln geschlossen, da sind einige Lebensmittelhändler eingesprungen und haben Bedürftige unterstützt.
Gerne würde ich auch die Hamburger Tafel beliefern, aber trotz mehrfacher Anfragen ist bisher niemand auf uns zugekommen.
Wichtig ist mir bei der Blankeneser Kirche der Erntedank-Gottesdienst, das Backen mit den Konfirmanden und auch der Kuchen nach dem Familien-Gottesdienst, das gehört selbstverständlich dazu.
Privat bin ich in der Blankeneser Trachtengruppe dabei – normalerweise tanzen wir immer mittwochs ab 18.30 in der Aula des Gymnasiums Blankenese. Wir würden uns sehr freuen, wenn noch mehr Tänzer:innen dazu kommen würden!
Wie erholen Sie sich von Ihrem anstrengenden Alltag?
Wenn es das Wetter zulässt gehe ich am liebsten runter an die Elbe. Aufs Wasser zu blicken und Schiffe bei der Ein- und Ausfahrt zu beobachten lässt mich herrlich entspannen und meine Akkus aufladen. Sonntagsmorgens, wenn ich frei habe, treffe ich mich gerne mit einer Freundin und laufe vom Falkenstein zum Römischen Garten. Dort bei einem Becher Tee und Blick auf die Elbe fühle ich mich zu Hause und doch auch wie im Urlaub.
Frau Möller, vielen Dank für das Gespräch und weiterhin gutes Gelingen bei Ihrer Arbeit.