Wechsel im Schilling-Stift

Nach 27 Jahren verabschiedet sich die Leiterin des Schilling-Stifts, Frau Ilka Bressem, in den Ruhestand. Vera Klischan hat sich mit ihr über die schwere Coronazeit, Personalengpässe, aber auch über die schönen Momente ihres langen Berufslebens unterhalten.

Liebe Frau Bressem, Sie verlassen das Schilling-Stift in wenigen Wochen. Ein weinendes und ein lachendes Auge? Wie ist Ihnen zumute?

Ich gehe mit einem lachenden und einem lächelnden Auge. Ich bin sehr dankbar für die vielen Jahre, die ich als Leitung im Schilling-Stift verbringen durfte, aber nun freue ich mich darauf, nicht mehr die Verantwortung zu tragen, sondern mich anderen Dingen mehr widmen zu können. Natürlich werde ich ehrenamtlich dem Schilling-Stift verbunden bleiben, mit einem regelmäßigen Angebot von Musik mit Gitarrenbegleitung, bei Gottesdiensten und in der Begleitung in der letzten Lebensphase. 

Ilka Bressem © Adele Marschner

Wie war Ihr beruflicher Werdegang? Seit wann sind Sie im Schilling-Stift?

Ursprünglich wollte ich Gymnasiallehrerin für Biologie und Französisch werden. Aber zu der Zeit, als ich mit dem Referendariat fertig war, gab es keine freien Stellen mit dieser Kombination. Ich habe dann „umgesattelt“ und mich zunächst in der privaten Pflege eines Mannes betätigt. Ich habe mich dann auf dem Arbeitsmarkt umgesehen und nach einem Praktikum im Blindenaltenheim eine Ausbildung zur Leitung von Pflegeeinrichtungen absolviert. Danach habe ich als Assistentin der Heimleitung im Blindenaltenheim angefangen und mich 1995 dank einer Anzeige in der Zeitung auf die Stelle der Heimleitung des Schilling-Stifts beworben. Ich wurde genommen, und nun bin ich seit 27 Jahren die Heimleiterin – jetzt Einrichtungsleitung genannt – im Schilling-Stift.

Welches ist Ihr Aufgabenbereich im Stift?

Ich bin verantwortlich für die Entwicklung und Festlegung von Betriebs- und Qualitätszielen und dem Konzept des Hauses, die gesamte Geschäftsführung, also alles, was mit den Einnahmen, Ausgaben, Investitionen und Geldverwaltung zu tun hat. Und für die Umsetzung des diakonisch-evangelischen Profil unseres Hauses, für die Gewährleistung einer Versorgung der Bewohner, die dem Gesetz und den gültigen Verordnungen und unserem Leitbild entspricht, für das Personalmanagement – also für die Personalbedarfsermittlung und Stellenpläne, Personalentwicklung, Personalführung und Personalakquise, für die Öffentlichkeitsarbeit und Zusammenarbeit mit anderen Einrichtungen, den Behörden, dem Diakonischen Werk und das Gemeinwesen (Stadtteil). Und noch einiges mehr. Auch die Konzeptionierung des Neubaus hat sehr viel Kraft gekostet.

Alle klagen über mangelndes Personal in der Altenpflege. Wie sieht es hier aus?

Wir machen da leider keine Ausnahme. Wir haben Bedarf an ausgebildeten Pflegefachkräften und ausgebildeten Gesundheits- und Assistenzkräften. Unsere Mitarbeiter/-innen sind sehr engagiert, aber zur Zeit machen uns hohe Krankheitsausfälle sehr zu schaffen.

Was ist die wichtigste Eigenschaft in der Altenpflege? Worauf schauen Sie besonders bei der Personalauswahl?

Wir brauchen tatkräftige Menschen mit einem Herz für alte und hilfsbedürftige Menschen. Kenntnisse in der Pflege, Einfühlungsvermögen, Umsicht sowie Zuverlässigkeit sind wichtige Aspekte, die wir in Vorstellungsgesprächen versuchen einzuordnen. Jemand, der alle sechs Monate den Arbeitsplatz wechselt, gehört da nicht in die erste Wahl.

„Gemeinsam statt einsam“ ist die Leitidee Ihres Hauses. Wie schwer war die Umsetzung während der harten Coronaphase?

Wir hatten und haben mit den Ideen vieler Mitarbeiter versucht, unseren Bewohnern das Leben so angenehm wie möglich zu machen. In der Anfangszeit haben ja die Kontakte zu den Angehörigen nur sehr erschwert stattfinden können. Wir haben Kontaktfenster in der Lounge mit Besuchszeiten eingeführt. Bewohner konnten anfangs nur in den eigenen Wohngruppen in Kleingruppen zusammenkommen. Diese wurden ergänzt durch Angebote im Freien oder durch Übertragung mit unserer Kamera, die wir in der Anfangszeit gespendet bekamen. Für das seelische Wohlbefinden unserer Bewohner hat unsere Seelsorgerin Frau Engler in der Hochphase Telefonseelsorge angeboten, die sehr geschätzt und begrüßt wurde. 

Für die Mitarbeitenden war und ist immer noch leider nicht mehr so viel Gemeinsamkeit möglich, z.B. konnten wir in den letzten drei Jahren keine Personalweihnachtsfeier anbieten, dafür aber zumindest in diesem Jahr mal wieder einen Personalbetriebsausflug. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter helfen sich gegenseitig und gehen dabei oft bis an den Rand der Erschöpfung, um die Versorgung, Pflege und Betreuung unserer Bewohner zu gewährleisten. 

Ich würde gerne jedem eine Extra-Urlaubswoche spendieren, wenn dies personell und finanziell möglich wäre. Allein sterben gab es bei uns nicht. 

Was war am schwierigsten in der Coronazeit?

Trotz der vielen zum Teil nicht nachvollziehbaren Auflagen und Einschränkungen die Motivation der Mitarbeitenden zu unterstützen und den Bewohnern Zuversicht und Hoffnung zu vermitteln.

Was unterscheidet ein christliches Haus von einem weltlichen?

Gottes Geist – hier bei uns erlebbar, nicht nur in den Andachten und Gottesdiensten, sondern auch im Miteinander und Immer-wieder-aufeinander-zugehen und gegenseitiger Unterstützung und Wertschätzung.

Entstehen auch unter den alten Leuten noch Freundschaften?

Ja, sicher. Im Laufe der Zeit lernen sich die Bewohnerinnen und Bewohner ja näher kennen und entdecken Gemeinsamkeiten, die nicht nur im Wohnort Schilling-Stift bestehen. Manchmal gibt es auch, besonders bei den dementen Menschen, wegen einer Verwechslung mit einem Freund aus früheren Zeiten, neue Verbindungen. 

Nicht jede und jeder schließt Freundschaft, aber es gibt doch häufiger ein gutes Verstehen bei manchen Tischgemeinschaften, und sogar wohnbereichs-übergreifend. Manchmal entstehen fast unzertrennliche Beziehungen. Und sogar Liebespaare finden sich manchmal.

Wenn dann eine hier gewonnene Freundin oder Freund stirbt, schmerzt es die zurückbleibenden Bewohner besonders. Da gibt es viel zu trösten und seelsorgerlich zu begleiten.

Wie gestalten Sie die „Highlights“ im Jahr? Konzerte, Ausflüge, …? Gibt es besonders beliebte Veranstaltungen?

Viele kleine Highlights gibt es in jeder Woche: unsere Gottesdienste und Andachten, die beliebten Musikangebote zum Mitsingen und Bingo. Aber es gibt so viele Angebote. Konzerte sind dank des Freundeskreises in unserem Haus fester Bestandteil der Veranstaltungspläne und finden fast vierzehntägig statt. Einmal im Monat – sofern nicht Krankheit oder Quarantäne gerade dagegensprechen – wird von der Sozialen Betreuung ein Ausflug mit dem Schilling-Stift-Bus organisiert. Als „Highlights“ des Jahres würde ich die großen Feste zu den Jahreszeiten (Frühlings-/Sommer-/Herbstfest), die immer ein Motto haben, die Bewohnerweihnachtsfeier, die Heiligabendfeier und die Silvesterfeier zählen. 

Woraus haben Sie immer wieder Kraft und Motivation geschöpft, vor allem in den belastenden letzten beiden Jahren durch Corona?

Aus der Freude und dem Glauben an Gottes Liebe, die mich trägt. Aus dem auferbauenden Austausch mit bestimmten Menschen und aus dem Gebet.

Worauf freuen Sie sich am meisten im Ruhestand?

Auf mehr Zeit mit meinem Mann, Zeit fürs Klavierspielen und ehrenamtliche Tätigkeiten, und auf die Freiheit, meine Zeit frei einteilen zu können. 

Liebe Frau Bressem, ich danke Ihnen herzlich für Ihre Zeit. Herr Sauerbier – bestens vertraut mit dem Stift – wird Ihren Posten übernehmen. Sie werden hier im Haus viele Spuren hinterlassen. Genießen Sie den neuen Abschnitt Ihres Lebens!

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