Jörn Beimfohr – eine Legende im Hirschparkhaus
Unzählige Kinder hat Jörn Beimfohr bei ihren ersten Ballettschritten in der Lola Rogge Schule am Klavier begleitet. Sein Einsatz, seine Persönlichkeit, seine jahrzehntelange Treue sind ein unverzichtbarer Bestandteil der renommierten Ballettschule im Hirschpark.
Wann ist man eigentlich alt? Jörn Beimfohr, der eigentlich Ludwig heißt, beweist eindrucksvoll, dass man auch mit 91 Jahren noch einer geregelten Beschäftigung nachgehen kann. Seit Jahrzehnten ist er unverzichtbar in der Lola Rogge Schule im Hirschpark. An allen Werktagen in der Woche begleitet er die jungen Schülerinnen und – sehr wenigen – Schüler in der Ballettstunde am Klavier.
Wie fing es an? Vor Jahrzehnten wollte seine Vorgängerin Felicitas Kuckuck – eine Schülerin von Paul Hindemith – die Klavierbegleitung aufgeben. Sie wohnte damals im Treppenviertel und glaubte, in Jörn Beimfohr einen würdigen Nachfolger gefunden zu haben. Kurzerhand nahm sie ihn mit in die Ballettschule, setze ihn ans Klavier und war nach kürzester Zeit überzeugt von seiner Eignung. Sie ging zur Chefin Lola Rogge und präsentierte Jörn Beimfohr als ihren Nachfolger. So begann ein beispielloses Engagement über Jahrzehnte für Generationen kleiner Tänzer und Tänzerinnen.
Der Anfang der Karriere in der Lola Rogge Schule von Jörn Beimfohr lag noch nicht im Hirschpark, sondern an der Moorweide. Im Jahre 1972 erfolgte die Anmietung des historischen Hauses im Hirschpark, erbaut vom dänischen Architekten Christian Frederic Hansen im Auftrag von Johan Cesar Godeffroy. Auch am Kiebitzhof, der zweiten Adresse der Tanzschule, spielte Jörn Beimfohr Klavier, bis ihm der Weg zu weit wurde. Er konzentrierte sich auf die musikalische Begleitung im Hirschparkhaus und zeitweilig auch in einem Kindergarten an der Schenefelder Landstraße.
Er spielt grundsätzlich ohne Noten. Schon beim Klavierunterricht in Kinderjahren lag ihm das freie Spiel viel mehr. Nach eigenem Bekunden erspürt er den Charakter jeder Ballettübung und improvisiert dazu auf dem Klavier. Nach den vielen Jahren „im Dienst“ der unzähligen Kinder weiß er genau, welche Melodie angesagt ist.
Seit Kurzem ist er der einzige Pianist der Ballettschule. Es gab zuvor außer ihm einen tschechischen Pianisten, der aber zurück in sein Heimatland ging.
Ballettstunden, Elternvorführungen und Weihnachtsfeier – bei all diesen Anlässen ist Jörn Beimfohr unersetzlich. Nur in der Lola Rogge Schule sitzt für die heranwachsenden kleinen Tänzerinnen noch ein Pianist am Klavier, überall sonst kommt die Musik aus der „Konserve“.
Fünfmal in der Woche macht sich der alte Herr von seinem Elternhaus Am Kiekeberg, wo er sein ganzes Leben verbracht hat, zu Fuß auf den Weg in den Hirschpark. „Das beste Mittel, um fit zu bleiben im Kopf und in den Beinen.“ Nicht nur die Routine des Fußmarsches, auch seine große Disziplin und Musikalität haben Jörn Beimfohr bis ins hohe Alter seine bemerkenswerte Gesundheit erhalten.
Musik kann beflügeln, glücklich machen, inspirieren und gesund erhalten. Jörn Beimfohr ist das lebende Beispiel für die segensreiche Wirkung der Musik.
Vera Klischan