Lichter am 9. 11. : Stolpersteine und eine Veranstaltung in der Blankeneser Kirche

Die Stolpersteine sind im Boden verlegte kleine Gedenktafeln, die an das Schicksal der Menschen erinnern sollen, die in der NS-Zeit verfolgt, ermordet, deportiert oder vertrieben wurden. Sie wurden in den vergangenen Jahren nicht nur in Deutschland, sondern auch in 30 europäischen Ländern verlegt. Zahlreiche Stolpersteine befinden sich auch in Blankenese.

In Gedenken an diese Menschen und die sogenannte „Reichspogromnacht“ findet nun zum zweiten Mal mit allen Blankeneser Schulen und sonstigen Institutionen eine Gedenkfeier am 9. November 2023 um 16:30 Uhr in der ev.-lutherischen Kirche am Markt in Blankenese statt.


Für jeden Namen brennt eine Kerze

Hauptredner wird Dr. Jan Kurz, Historiker, Förderverein Historisches Blankenese, sein. Hierzu sind alle Vereine und Institutionen herzlich eingeladen. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.

Ein persönlicher Bericht von Andreas Krumbiegel zum 9. November und zu den Stolpersteinen:

Wir wohnten schon Jahre im Grindelviertel, in einer schmalen Straße mit hübschen alten Fassaden. Die alte jüdische Schule, der Platz der ehemaligen Synagoge und ein jüdisches Cafe befanden sich in der Nähe. Sie gehörten zu unserem Viertel ebenso wie zahlreiche schmucklose Nachkriegsbauten dazu. Aus der Anonymität der Geschichte holte uns jener Abend in 2014, als wir unsere Wohnung verließen, um essen zu gehen. Vor der Haustür standen auf einmal Kerzen, so dass wir auf dem kleinen Treppenabsatz verharrten. Ich konnte das anfangs nicht einordnen, doch als ich den Blick hob, bemerkte ich die Kerzen vor fast allen Eingängen in der Nachbarschaft, auf der anderen Seite der Straße bis zu ihrem Ende.

Es war der 9. November, der Tag der Reichsprogromnacht. Zum Gedenken an die jüdischen Bewohner hatten Mieter aus dem Viertel die Kerzen auf und neben die Stolpersteine gesetzt. Der Schein der Kerzen ließ die eingravierten Namen leuchten. Menschen kamen spontan zusammen, versammelten sich in kleinen Gruppen. Wir lasen die Namen der aus unserem Haus Vertriebenen. Von den Kerzenlichtern schienen sie aus der Ferne in unser Bewusstsein zurückgeholt zu werden. Die Messingtafeln, über die wir so oft gegangen waren, schienen uns mit ihrem Leuchten ganz persönlich anzusprechen.

Über den Dächern dämmerte der Abend, so dass die Lichter die Hauseingänge zunehmend erhellten. So friedlich, so aufwühlend, so traurig und doch versöhnlich. Die Eindrücke dieses Abends haben uns persönlich nicht mehr losgelassen. In den folgenden Jahren war es uns eine Herzensangelegenheit, mit den Nachbarn das Ritual fortzusetzen. Inzwischen hat die Idee viele Hamburger erreicht, um am 9. November eine Trauerkerze auf einem Stolperstein leuchten zu lassen.

A.K.

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